Mehr Waffen in Konfliktgebiete

Kritik an Bundesregierung: Nur leichter Rückgang der Exportgenehmigungen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Die gute Nachricht ist: Die Bundesregierung hat 2017 etwas weniger Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von deutschen Kriegsgütern erteilt als im Jahr zuvor. Laut dem neuen Rüstungsexportbericht, der am Mittwoch in Berlin vom Bundeskabinett beraten und verabschiedet wurde, sank dieses Volumen von 6,85 Milliarden Euro auf 6,24 Milliarden. Das aber ist nach den beiden Rekordjahren 2016 und 2017 immer noch der dritthöchste jemals abgenickte Wert. Und es wurden sogar mehr Lieferungen für sogenannte Drittstaaten genehmigt, was bei Opposition wie Kirchen für scharfe Kritik sorgte. Wenn inzwischen 61 Prozent aller Ausfuhrgenehmigungen für diese Staatengruppe erteilt werden, sei das eine eklatante »Fehlentwicklung«, mit der die Bundesregierung gegen ihre eigenen Exportrichtlinien verstoße, so die Grünen-Abrüstungsexpertin Katja Keul.

Diese Kritik wurde auch nicht durch die Tatsache gemildert, dass erstmals zwei sogenannte Post-Shipment-Kontrollen zum Endverbleib von Kleinwaffen in Indien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgenommen worden seien, wie das zuständige Wirtschaftsministerium wissen ließ. Zumal es auch bei den vollzogenen Exporten deutscher Kriegswaffen einen Zuwachs von 2,5 auf 2,65 Milliarden Euro gab.

Umstrittene Drittländer

Der Umfang der umstrittenen Liefergenehmigungen für Länder, die nicht der Europäischen Union oder der NATO angehören bzw. deren Mitgliedstaaten gleichgestellt sind, wiederum wuchs im vergangenen Jahr von 3,67 Milliarden Euro 2016 auf 3,8 Milliarden Euro. Das sei vor allem zwei größeren Marineprojekten geschuldet, einer Fregatte für Algerien und einem U-Boot für Ägypten, beides Staaten in Konflikt- und Krisenregionen. Gebilligt wurden auch Rüstungsexporte im Volumen von 152 Millionen Euro nach Saudi-Arabien, das an der Spitze einer Militärkoalition im Nachbarland Jemen Krieg gegen die schiitischen Huthi-Rebellen führt. Ist das die »restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik«, die die Bundesregierung auch im jüngsten Bericht wieder für sich beansprucht? Algerien mit einem Volumen von rund 1,36 Milliarden Euro und Ägypten mit rund 708 Millionen Euro waren danach die Hauptempfängerländer, noch vor den NATO-Staaten Litauen und USA sowie Australien und Saudi-Arabien.

»Skandalös hohes Niveau«

Auch wenn dem Bericht zufolge u.a. Waffenlieferungen an die Türkei (4,85 Mrd. Euro), an China (2,89 Mrd. Euro) sowie an Irak (1,92 Mrd. Euro) abgelehnt worden seien, spricht die Linken-Fraktionsvize Sevim Dagdelen von einem »weiterhin skandalös hohen Niveau« der Rüstungsexporte. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, erinnerte am Weltflüchtlingstag daran, dass Waffen weder Frieden noch zivile Zukunftsperspektiven schaffen würden, sondern Millionen Menschen in die Flucht trieben. Wie Amnesty International erklärte, hätten viele Länder, in die deutsche Waffen geliefert werden, eine »katastrophale Menschenrechtsbilanz«. Angesichts der weltweit wachsenden Zahl von Kriegen und gewaltsamen Konflikten haben die wichtigsten deutschen Friedensforschungsinstitute in ihrem soeben vorgelegen aktuellen Gutachten die Bundesregierung nachdrücklich aufgefordert, Waffenexporte zu reduzieren und sich stärker diplomatisch einzubringen, um dieser Entwicklung nachhaltig entgegenzuwirken.

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