Neue Gemeindestruktur für 242 000 Thüringer beschlossen
Heftige Debatte im Erfurter Landtag - LINKE wirft CDU vor, während ihrer Regierungszeit bis 2014 ein landesplanerisches Chaos angerichtet zu haben
Erfurt. Der Landtag hat den Weg für die erste Runde freiwilliger Gemeindefusionen in Thüringen frei gemacht. Mit den Stimmen von Linkspartei, SPD und Grünen wurde am Donnerstag das seit Monaten umstrittene Gesetz zu Gemeindeneugliederungen beschlossen. Die CDU als größte Oppositionsfraktion enthielt sich der Stimme, ebenso die AfD-Fraktion. Von der ersten Etappe der Gemeindereform, der 2019 eine zweite folgen soll, sind nach Angaben der Regierung 242 000 Thüringer betroffen.
Das Land spendiert für die Strukturveränderungen, die zu größeren Kommunen mit in der Regel 6000 Einwohnern führen sollen, in diesem Jahr 38,7 Millionen Euro. Damit solle das Zusammengehen von 49 Gemeinden unterstützt werden, sagte Kommunalstaatssekretär Uwe Höhn. Er wies Kritik der Oppositionsfraktionen CDU und AfD zurück, die rot-rot-grüne Koalition habe die Zusammenschlüsse von einigen finanzschwachen Kommunen gekauft oder erpresst. Mit einer solchen Behauptung würden Kommunalpolitiker und Bürger verunglimpft, die sich für diesen freiwilligen Schritt entschieden hätten.
In der zeitweise heftig geführten Landtagsdebatte mit vielen Zwischenrufen warf der Kommunalpolitiker der Linkspartei, Frank Kuschel, der CDU vor, während ihrer Regierungszeit bis 2014 ein landesplanerisches Chaos angerichtet zu haben. Die SPD-Abgeordnete Claudia Scheerschmidt verwies darauf, dass Thüringens Einwohnerzahl bis 2035 von derzeit etwa 2,2 Millionen auf knapp 1,9 Millionen sinken werde. »Dann fehlen nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Steuerzahler.«
Die CDU-Abgeordneten Wolfgang Fiedler und Andreas Bühl bekräftigten, ihre Fraktion stehe zu freiwilligen Kommunalehen. »Oft steht bei Ihnen aber freiwilliger Zwang dahinter«, sagte Bühl in Richtung Koalition. Der AfD-Abgeordnete Jörg Henke stellte fest, Rot-Rot-Grün sei an einer Gebietsreform »krachend gescheitert«.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat in dieser Woche bereits den Entwurf für die nächste Runde der Gemeindereform vorgelegt. Danach wollen sich 263 Gemeinden zu 56 größeren Kommunen zusammenschließen.
Noch am Mittwoch hatte der Landtag mit den Stimmen der rot-rot-grünen Regierungskoalition eine Karenzzeit beim Jobwechsel von Thüringer Ex-Ministern beschlossen. Das entsprechende Gesetz sieht für ehemalige Regierungsmitglieder eine Wartezeit von bis zu 18 Monaten vor, in denen die Aufnahme einer hoch dotierten Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes untersagt werden kann. In besonders problematischen Fällen kann die Wartezeit bis zu 24 Monate betragen. Eine Karenzzeit soll laut Gesetz in den Fällen gelten, wenn die Tätigkeit sich an die frühere Ministertätigkeit anlehnt oder geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität von Regierungsmitgliedern zu beschädigen. Entschieden wird in Einzelfallprüfungen. dpa/nd
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