Deutsch-kurdische Sängerin festgenommen

47-jährige Kölnerin bei einem Wahlkampfauftritt für die HDP in Edirne festgenommen

  • Lesedauer: 3 Min.

Istanbul. In der Türkei ist eine Deutsch-Kurdin wegen angeblicher Terrorpropaganda in Untersuchungshaft genommen worden. Ein Gericht in der nordwestlichen Stadt Edirne ordnete am Dienstagabend bei einem Haftprüfungstermin an, dass die 47-jährige Saide Inac in U-Haft bleiben müsse, wie die Nachrichtenagentur DHA am Mittwoch meldete. Inac, die unter dem Künstlernamen Hozan Cane auftritt, war bereits am späten Freitagabend beim Wahlkampf der prokurdischen Linkspartei HDP festgenommen worden. »Unser Wahlkampf-Fahrzeug wurde angehalten und unsere Freundin Hozan Cane wurde festgenommen«, schrieb der HDP-Politiker Murat Amil auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Wie der HDP-Politiker am Samstag mitteilte, hatte die Sängerin in Edirne an einer Wahlkampftour teilgenommen. Laut DHA wirft die Justiz ihr »Terrorpropaganda« in den sozialen Medien vor. Dies ist ein verbreiteter Vorwurf für Unterstützer der HDP, der die Regierung Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorwirft. Vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Sonntag hatte es dutzende Festnahmen wegen dieses Vorwurfs gegeben. Das Auswärtige Amt erklärte, ihm sei der Fall Cane bekannt.

Laut einem Bericht der »Deutschen Welle« sollen sich die Vorwürfe auf einen Film beziehen, bei dem die Künstlerin Regie geführt hatte. Darin setzt sie sich mit einem Massaker der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) an Jesiden im irakischen Sindschar-Gebirge auseinander. PKK-Kämpfer hatten der Minderheit damals bei ihrer Flucht vor dem IS geholfen.

Neue Verhaftungswelle in der Türkei

Unterdessen kommt es seit der Widerwahl Erdogans zum Präsidenten am Sonntag zu landesweiten Verhaftungen. Am Dienstag erwischte es 138 Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, am Mittwoch wurden schließlich 190 Soldaten festgenommen.

Bereits am Wahltag waren zudem drei Deutsche in der südöstlichen Provinz Sirnak festgenommen worden, die den Wahlablauf verfolgen wollten, jedoch keine offizielle Akkreditierung als Wahlbeobachter hatten. Wie das Auswärtige Amt am Dienstag mitteilte, wurden sie später wieder freigelassen. Auch mehrere Franzosen, Italiener und andere Ausländer, die den Wahlprozess überwachen wollten, wurden im Osten und Südosten vorübergehend festgenommen.

Bei der Wahl gab es zahlreiche Berichte über Unregelmäßigkeiten im kurdischen Südosten. Die OSZE-Beobachtermission kritisierte anschließend einen »Mangel an gleichen Bedingungen« für die Kandidaten im Wahlkampf, befand aber, dass die Regeln trotz etlicher Unregelmäßigkeiten »weitgehend eingehalten« worden seien. Auch die Opposition erkannte nach ersten Beschwerden den erneuten Sieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner Partei an. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.