Rechte streiten um die richtigen Unterstützer

Erasmus oder Stresemann - welcher Verein soll die parteinahe Stiftung werden?

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Niederlage? Ein Wort, dass man mit Alexander Gauland selten in Verbindung bringt. Der 77-Jährige steht unangefochten an der AfD-Spitze, ist Bundestagsfraktions- als auch Parteichef in Personalunion. Kritik an ihm ist aus den eigenen Reihen kaum zu vernehmen, schon gar nicht aus der ersten. Die Partei weiß, was sie an ihm hat. Doch allmächtig ist Gauland nicht. Mitunter muss er zu scharfen Mitteln greifen, um den Laden auf Linie zu halten. Seit Monaten tobt in der AfD ein Streit darum, welcher Verein als parteinahe Stiftung anerkannt werden soll. In Konkurrenz zueinander stehen die etwa von Co-Fraktionschefin Alice Weidel befürwortete Desiderius-Erasmus-Stiftung auf der einen und die von Gauland favorisierte Gustav-Stresemann-Stiftung auf der anderen Seite. Weil keiner der Beteiligten sich in der Debatte zunächst bewegte, zog Gauland laut »Spiegel« ein brachiales Mittel in Betracht. Auf einer Telefonkonferenz des AfD-Vorstands im Frühjahr soll er für den dieses Wochenende anstehenden Bundesparteitag in Augsburg mit einem »nuklearen Endschlag« in der Stiftungsfrage gedroht haben, sollten beide konkurrierenden Vereine nicht zusammenfinden. Nach den Vorstellungen des Parteichefs natürlich unter dem Dach der Stresemann-Stiftung.

Die mutmaßliche Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, wenn auch anders als gedacht. Mitte April einigte sich der Vorstand, der Erasmus-Stiftung den Zuschlag zu geben, gleichzeitig aber den Mitgliedern der Stresemann-Initiative eine Mitarbeit einzuräumen. Auch solle geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, die Stiftung nach dem früheren Reichskanzler umzubenennen. Ein heikles Unterfangen: Stresemanns Erben hatten schon vor Monaten juristische Schritte für den Fall angekündigt, sollte die AfD den Namen nutzen wollen.

Kaum war der Kompromiss gefunden, war dieser wieder hinfällig. Anfang Mai vertagte der Bundeskonvent, eines der wichtigsten Gremien zwischen Parteitagen, eine Entscheidung in der Stiftungsfrage. Nun steht die Frage in Augsburg auf der Tagesordnung und die Lager scheinen weiter als zuvor von einer Einigung entfernt. Gleich mehrere Anträge liegen den Delegierten. Während der Vorstand weiter für seinen Kompromiss auf Grundlage der Anerkennung der Erasmus-Stiftung wirbt, will ein anderer Antrag die Stresemann-Initiative als »eine parteinahe Stiftung der AfD« anerkennen, wobei »keiner der beiden bestehenden Stiftungsinitiativen die Anerkennung« versagt werden soll. In einer dritten Option wird ein Mitgliederentscheid verlangt. Den Initiatoren, darunter fünf Mitglieder der Bundestagsfraktion, geht es aber offenbar darum, das Stiftungsprojekt zu kippen. Der Antrag lässt jedenfalls kein gutes Haar an der aktuellen Rechtslage. So würden »Steuergelder an entsprechende Vereine ohne ordentliches Leistungsgesetz in willkürlicher Höhe ausgereicht« und es fehle an einer »demokratischen Kontrolle« durch die jeweils stiftungsnahe Partei. Ein vierter Antrag macht es sich dagegen leicht: Er fordert die Nichtbefassung, da es zu viele offene Fragen gebe.

Wie groß der Druck ist, in Augsburg zwingend eine Entscheidung herbeizuführen, ist unklar. Eine finanzielle Förderung einer AfD-nahen Stiftung durch den Bund dürfte es auf absehbare Zeit nicht geben. Gelder fließen im Normallfall erst, wenn einer Partei der Wiedereinzug in den Bundestag gelingt, lautet eine gültige Abmachung der anderen Bundestagsfraktionen.

Unabhängig davon dürften aber Privatspenden eine Rolle spielen. Schon zu Jahresbeginn gab es Berichte, wonach finanzkräftige Unterstützer bereitstehen, die jedoch nicht im direkten Zusammenhang mit der AfD auftauchen wollen. Gehandelt werden im Fall der Erasmus-Stiftung Personen aus dem Umfeld der in Wirtschaftsfragen neoliberalen Hayek-Gesellschaft, der neben Weidel auch der AfD-Finanzexperte Peter Boehringer angehört. So soll ein Unternehmer aus Süddeutschland eine Zahlung von über 250 000 Euro in Aussicht gestellt haben. Auch die Unterstützer der Stresemann-Option werben um finanzielle Mittel. Mehrere private Spender hätten bereits höhere Geldbeträge versprochen. Auch aus dem Umfeld der völkisch nationalistischen Initiative »Ein Prozent« soll es ähnliche Signale geben.

Letztlich ist die Frage nach der Stiftung und den Namen auch eine nach der weiteren ideologischen Ausrichtung der Partei: Während Stresemann eher vom völkischen Flügel bevorzugt wird, wäre den wirtschaftsliberalen eine Erasmus-Stiftung deutlich lieber.

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