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Der Welt größtes Ereignis

Die Fußball-WM bietet Chancen, die man nutzen sollte, statt nur ideologisch reinzugrätschen

Einen Tag Pause gönnte die WM an diesem Freitag. Wem eigentlich? Unzählbar vielen, weltweit. Fußballweltmeisterschaften sind das größte Ereignis auf diesem Planeten. Nicht nur im sportlichen Vergleich mit Olympischen Spielen oder dem Super Bowl, nein überhaupt. Wo sonst schauen mehr als drei Milliarden Menschen hin? So viele sollen es laut Weltverband FIFA insgesamt beim Turnier 2014 in Brasilien gewesen sein, davon allein eine Milliarde beim Finale.

Vergleichbares? Vielleicht die ersten Menschen auf dem Mars, irgendwann. Im All war der Fußball zuletzt auch schon. Pünktlich zum ersten WM-Anpfiff landete das offizielle Spielgerät von der Raumstation ISS wieder auf der Erde. Und glaubt man Neymar, so ist dieser Sport schon längst auf anderen Himmelskörpern angekommen. »Ich bin der beste Spieler der Welt«, prahlte der Brasilianer jüngst und lobte zugleich: »Lionel Messi und Cristiano Ronaldo sind von einem anderen Planeten.«

Diese beiden Außerirdischen stehen mit ihren Mannschaften aus Argentinien und Portugal ebenso in den Achtelfinals, die am Sonnabend beginnen, wie Neymar mit dem Rekordweltmeister. Auch alle anderen qualifizierten Teams konnte man dort vorher erwarten, fast. Denn die bislang einzig wirkliche Überraschung ist eine negative: Deutschland.

Das frühe Aus rief verschiedene Reaktionen hervor. Bei vielen Trauer. Es war ja auch traurig anzusehen, wie sich die Weltmeister über das Feld geschleppt haben. Bei anderen wich der erste Ärger der schnellen Einsicht, dass die DFB-Auswahl zu Recht gescheitert ist. Und Freude? Nein, dafür jede Menge Schadenfreude. Auf Knopfdruck kamen die erwartbaren Kommentare, hervorgeholt aus den verstaubten Archiven der jeweiligen Gesinnungslehre. Zwei Beispiele, das erste aus dem rechten Lager: »Unsere Nationalmannschaft nahm ohnehin nicht teil«, befand der AfD-Bundestagsabgeordnete Schulz. Viele Linke jubelten, dass der »fahnenschwenkende Patriotendödel« nun doch nicht, wie vor Turnierbeginn befürchtet, fünf Wochen lang »bierbeseelt« den Nationalismus anfeuern könne.

Über menschenverachtende Menschen muss man nicht diskutieren. Der Gebrauch jeglicher Vorurteile, Klischees, Plattitüden ist ebenso zu verurteilen. Fast schon verzweifelt will man all jenen entgegenrufen, die Rassismus, Ausgrenzung, Machtmissbrauch, Korruption und die vielen anderen schlechten Dinge dieser Welt ablehnen, dass sie doch die großen Möglichkeiten nutzen sollen, die der Fußball bietet, statt nur ideologisch reinzugrätschen. Positive Beispiele gibt es ja genug. Viele Ultragruppierungen und Fanarbeiter arbeiten schon jahrelang aktiv gegen Gewalt, Diskriminierung, Homophobie oder Kommerz, auch für eine angebrachte Erinnerungskultur in diesem Land. Sie wollen ihren Sport nicht den Populisten überlassen.

Niemand muss sich für Fußball interessieren. Dass Linke es nicht dürfen, schon gar nicht, wenn Deutschland spielt, ist so überholt wie die frühere Zweiteilung der Welt durch Kapitalismus und Kommunismus. Und mal abgesehen von der FIFA: Bei der WM spielen die besten Fußballer ihres Landes, eine Nationalmannschaft kann man sich nicht zusammenkaufen. Soviel zur Kommerzkritik.

Wenn nun, wie bei diesem Turnier, 99,6 Prozent der Isländer ein Spiel ihres Teams verfolgen, ist das noch Freude und Stolz über die erste WM-Teilnahme oder schon übertriebener Patriotismus? Macht das »Huh« der Fans in den Stadien wirklich Angst? Auch Panama hatte sich zum ersten Mal qualifiziert. Sie sind ausgeschieden, ohne Punkt und mit 2:11 Toren. War die Ekstase in den weiß-blau-roten Landesfarben nach den beiden eigenen Treffern noch Jubel oder schon Nationalismus? Und sind nach dem WM-Aus in Deutschland weinende Kinder wirklich die nationalistische Brut von morgen? Sollen deren Eltern ihnen also das Tragen von Trikots von Özil, Boateng, Müller und schwarz-rot-goldener Farbe im Gesicht verbieten? Nein, man kann und sollte das weite Feld Fußball positiv besetzen.

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