Chinas Apple floppt an der Börse
Analysten halten Wert von Xiaomi für zu hoch angesetzt
Seine Ankündigungen klingen etwas größenwahnsinnig, doch der Ehrgeiz hat Methode. Lei Jun ist vor allem ein Meister der Vermarktung. »Ich will das Image chinesischer Produkte weltweit verbessern«, sagte der Gründer des Elek- tronikherstellers Xiaomi am Montag zum Börsenstart seiner Firma.
Xiaomi ist in den vergangenen Jahren zum Star der jungen chinesischen Technikfirmen aufgestiegen. Lei hatte sich von Anfang an als »Chinas Steve Jobs« dargestellt und war sogar in ähnlichen Klamotten aufgetreten wie der Apple-Gründer zu Lebzeiten. Seine Produkte sind - ebenso wie die von Apple - schlicht gestaltet und gut zu bedienen. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: den Preis. Vor allem Handys wurden zu Bestsellern. Xiaomi ist viertgrößter Smartphonehersteller der Welt nach Samsung, Apple und Huawei. Im ersten Quartal 2018 stieg der Absatz um 130 Prozent, der Marktanteil in Europa hat sich verzehnfacht. In Indien liegt die Marke sogar vor Samsung.
Trotzdem legte die Aktie am Montag in Hongkong einen schlechten Start hin. Sie ging mit einem Minus von 1,2 Prozent aus dem Handel - obwohl Lei den Ausgabepreis nur halb so hoch angesetzt hatte wie von Optimisten erwartet. Zugleich hatte der Gesamtmarkt in Hongkong zugelegt, Xiaomi ist also gegen den Trend gefallen. Analysten beklagen jedoch, der Wert des Konzerns sei zu hoch angesetzt. Aus dem Aktienkurs berechnet sich ein Firmenwert, der dem 39-Fachen des Gewinns entspricht. Bei Apple ist es das 14-Fache. Andere Experten verweisen auf den Handelskrieg zwischen China und den USA, der Investoren die Risikolust verdirbt.
Zudem ist Beobachtern nicht klar, in welche Branche das Unternehmen gehören will. Für Lei ist das kein Problem: Er erklärte es zu einer »Firma neuen Typs«, angetrieben von »Internetdenken«. Tatsächlich übernimmt Xiaomi vor allem die Gestaltung und den Verkauf von Produkten. Im Onlineshop finden sich neben Handys Reiskocher, Staubsaugroboter, Elektrofahrräder oder Lichtschalter. Gemeinsam ist allen Produkten, dass sie sich untereinander vernetzen. Mit dem Xiaomi-Handy steuern die Kunden auch Reiskocher oder Tischlampe. Xiaomi ist damit ein wenig wie Apple, ein wenig wie der japanische Designladen Muji und ein bisschen wie ein Internet-Startup. Die Herstellung übernehmen kostengünstig Fabriken in Südchina und andere Partnerfirmen. Ursprünglich lief der Vertrieb nur über die App und online, das sparte in der Startphase Kosten. Inzwischen gibt es zumindest in Großstädten auch Shops.
Lei will jedoch nicht nur schön gestaltete Produkte günstig verkaufen. Er hat für Xiaomi in seinem Heimatland eine Fanbasis aufgebaut, die er durch geschickte Kommunikation pflegen lässt. Die Fans warten ungeduldig auf neue Produkte und wandern nicht so leicht zu anderen Marken ab. Innerhalb von acht Jahren ist die Mitarbeiterzahl von 13 auf 19 000 angestiegen.
Vermutlich hat es Lei geholfen, dass er eine klare Richtung hatte. Als Student las er 1987 eine Biografie von Steve Jobs. Das war noch bevor Jobs seine größten Erfolge gefeiert hat. »Auch später hatte er noch eine Neigung zu Gelehrsamkeit und Theorien«, sagt Liu Xiaohui, der beim Softwareanbieter Kingsoft mit Lei zusammengearbeitet hat. Für Xiaomi wollte Lei ein ähnliches Markenimage aufbauen, wie Apple es hat. Dafür wurde er 2012 noch ausgelacht. Inzwischen ist er zumindest in Asien aber fast am Ziel angekommen. Ob und wann das auch in der Börsenwelt ankommt, muss man wohl abwarten.
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