- Politik
- Antifa-Szene in Salzwedel
Kein Anlass für Schockstarre
Über 400 Menschen bei Antifa-Demo in Salzwedel / Große Solidarität nach Angriff auf Autonomes Zentrum
Nach dem Angriff auf das Autonome Zentrum »Kim Hubert« in Salzwedel ist die Solidarität groß. Anfang Juni hatten mutmaßlich Neonazis das linke Zentrum in der in der sachsen-anhaltischen Kleinstadt gestürmt. Dabei wurden schlafende Menschen mit Pfefferspray attackiert, Mobiliar und Fenster kaputtgeschlagen. Doch wenn es den Tätern um Einschüchterung gegangen ist, ging die Attacke nach hinten los: Seit der Aktion sind die Antifaschisten der Stadt umso aktiver und setzen sich, unterstützt von der deutschen Antifa-Szene, gegen rechte Raumnahme zur Wehr. So demonstrierten am Samstag zwischen 400 und 500 Menschen durch die Stadt.
Zur Beseitigung der Zerstörungen sind inzwischen mehrfach Bautrupps angerückt. Im »Kim Hubert« wurden nicht nur die Schäden repariert, sondern auch Sicherungsmaßnahmen vorgenommen. Und auch dafür, dass das Autonome Zentrum (AZ) in Zukunft ein Ort für Musik, Kunst und Kultur sein kann, krempelte man die Ärmel hoch.
Die Nachricht vom Angriff hatte dem AZ große Aufmerksamkeit in der antifaschistischen Szene eingebracht. Jetzt wollen viele Bands dort Soli-Konzerte spielen. Für den 20. Juli bewirbt die neue Homepage des »Kim Hubert« etwa den ersten Punkabend mit drei Bands. Die Regeln sind klar: »no fascism_no sexism_ no racism«, heißt es dort.
Doch zunächst stand die Demo am Samstag an. Die Polizei spricht von 430 Teilnehmern in der Spitze, lokale Aktivisten von 500. Die Beamten sicherten den Aufzug kreuz und quer durch die Innenstadt mit einem massiven Aufgebot ab. Bereits am Sammelplatz machten sie mit mehreren behelmt und in Staffeln stehenden Einheiten klar, dass sie alles im Griff hätten.
Das galt allerdings wohl nur für die Linken. Eine Gruppe von acht Neonazis hatte die Polizei offensichtlich nicht auf dem Radar. Sie konnte sich auf einer mehrspurigen Straße zunächst ungehindert mit einem großen Transparent der Demo nähern. Für auf die Nazis zulaufende Antifa-Aktivisten setzte es Schläge und Pfefferspray. Am Autonomen Zentrum angekommen, wurde die Demo mit einer kleinen Performance auf dem Dach begrüßt. Ein in die Luft gehaltenes Transparent kündigte an: »AZ bleibt stabil!«
Die linke Szene vor Ort zeigte sich überwältigt von der Anteilnahme. Bereits über große Banner etwa auf dem Fusion-Festival und im Internet hatte man sich mehrfach für die Solidarität aus dem gesamten Bundesgebiet bedankt. Dort hieß es etwa: »Wir sind sprachlos. Über all die Nachrichten, Solidaritätsbekennungen, Soli-Partys, Spenden, Briefe, Basteleien, etc., die uns in den letzten Wochen erreicht haben und immer noch erreichen.« Im AZ sei nach dem Angriff so viel Betrieb gewesen, dass man »gar keine Möglichkeit« gehabt hätte, »in einen Schockzustand zu verfallen«.
Auch Parteien und Vereine hatten sich praktisch mit den Angegriffenen solidarisch gezeigt. In einem Bündnis mit dem Namen »Augen auf!« wurden unter anderem mit einem offenen Brief vielfach geduldete Naziaktivitäten in Stadt und Kreis angeprangert.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.