- Wirtschaft und Umwelt
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Alternativen wurden abgekoppelt
Zug-Allianz von Alstom und Siemens nimmt weitere Hürde / EU kündigt Prüfung an
Eigentlich sollte die Hauptversammlung des Alstom-Konzerns am Dienstag in Paris die Fusion des Bahntechnikbereichs mit dem deutschen Partner Siemens Mobility nur noch abnicken. Doch praktisch in letzter Minute leitete die EU-Kommission nun ein »vertieftes Prüfverfahren« ein wegen Befürchtungen, dass »die Konzentration die Konkurrenz bei der Lieferung von Hochgeschwindigkeitszügen und Signaltechnik einschränkt«. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager warnte, dadurch könnten die Preise zum Nachteil von Millionen Europäern steigen, die beruflich oder privat den Schienenverkehr nutzen. Die EU-Kommission gibt Alstom und Siemens bis zum 21. November Zeit, die Bedenken der Wettbewerbsprüfer zu zerstreuen.
Laut Fusionsvertrag soll der neue Bahntechnikkonzern - eine Art »Schienen-Airbus« mit 62 000 Mitarbeitern und 16 Milliarden Euro Umsatz - seinen Sitz in Paris haben und von Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge geleitet werden, doch dominiert würde er aufgrund der Kapitalverteilung durch Siemens. Bei der Hauptversammlung versicherte die Alstom-Direktion den Aktionären, ihr werde es gelingen, die EU-Kommission zu überzeugen und den geplanten Termin für den Vollzug der Fusion Mitte 2019 einzuhalten. Bei der Hauptversammlung wiederholte Konzernchef Poupart-Lafarge das Argument, der Zusammenschluss sei unerlässlich, um vor allem auf dem europäischen Markt die Konkurrenz des aufstrebenden chinesischen Bahntechnikkonzerns CRRC und des relativ kleinen kanadischen Herstellers Bombardier abzuwehren. Doch die an die Wand gemalte »Gefahr aus China« sehen die EU-Wettbewerbshüter durch keine Fakten belegt.
Dass die Fusionspläne nicht problemlos über die Bühne gehen würden, zeichnete sich bereits Anfang Juni ab. Da deuteten Alstom und Siemens eine mögliche Verschiebung an, weil sie für das EU-Prüfverfahren »erst noch die nötigen Zahlen und Fakten zusammentragen« müssten. Die Übernahme des Bahntechnikbereichs von Alstom durch Siemens hatte in Frankreich nicht nur in der linken wie rechten Opposition, sondern wegen der »Einverleibung eines französischen Spitzenunternehmens durch seinen deutschen Konkurrenten« auch bis weit ins Regierungslager Kritik ausgelöst. Die Gewerkschaften sind gegen die Fusion, weil sie Entlassungen befürchten, da Siemens »Überschneidungen« in der Firmenstruktur eliminieren wolle. Mit Verbitterung wird konstatiert, dass die Bedenken in Deutschland weder bei Politikern noch von den Gewerkschaften geteilt werden. Diese sehen den geplanten Einstieg von Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel in den Verwaltungsrat des neuen Unternehmens als politisches Faustpfand an.
In Frankreich hat die Fusion dagegen eine innenpolitische Dimension. Als der heutige Präsident Emmanuel Macron noch Wirtschaftsminister war, bewilligte er Ende 2014 den Verkauf des Energiezweigs von Alstom an General Electric (GE). Obwohl er kritisierte, dass der Deal hinter dem Rücken der Regierung eingefädelt worden war und diese erst aus den Medien davon erfuhr, machte Macron nicht von der Möglichkeit Gebrauch, sein Veto einzulegen, wenn »durch ausländische Investitionen nationale Wirtschaftsinteressen gefährdet« seien. Hier wurde »Familiensilber weit unter Wert verscherbelt«, fasste der konservative Abgeordnete Pierre Lellouche die Kritik zusammen. Dass GE die seinerzeit zugesagte Schaffung von 1000 neuen Arbeitsplätzen in Frankreich nicht eingehalten hat, macht deutlich, wie recht seinerzeit die Kritiker hatten.
Auch die Übernahme des Bahntechnikzweigs von Alstom durch Siemens billigt Macron: »Der Status quo ist keine Dauerlösung«, erklärte der Präsident nach Bekanntwerden der Pläne und machte sich das Argument zu eigen, dass Alstom alleine nicht der Konkurrenz die Stirn bieten könne. Die von Kritikern vorgeschlagene Alternative, den Alstom-Konzern durch Aufträge der Staatsbahn SNCF zu unterstützen, wie das im Herbst 2016 schon einmal der Fall war, als es den Standort Belfort vor der Schließung zu bewahren galt, wies Macron zurück. Dies sei »eine Sackgasse«.
Und so nimmt die Fusion wohl ihren Lauf. Bis Redaktionsschluss hatte die Abstimmung der Alstom-Hauptversammlung zwar noch nicht stattgefunden. Doch eine knappe Mehrheit für die Pläne galt als Formsache.
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