Die Vier-Tage-Woche funktioniert
Was in einer neuseeländischen Firma als Experiment gedacht war, könnte sich dauerhaft etablieren
Werktätige träumen davon: Vier Tage Arbeit, drei Tage Wochenende. Doch Unternehmen scheuten bisher vor diesem Arbeitsmodus zurück, aus Angst, dass die Produktivität sinken könnte. Doch als die neuseeländische Treuhandgesellschaft Perpetual Guardian das Konzept im März und April probte, stellte sich heraus: Das Gegenteil ist der Fall.
Jarrod Haar, Professor für Personalmanagement an der Technischen Universität Auckland, analysierte gemeinsam mit einer weiteren Wissenschaftlerin das Experiment des Unternehmens. Die Forscher sammelten während und nach der Testperiode qualitative und quantitative Daten. Dabei fanden sie heraus, dass die Arbeitsplatz- und Lebenszufriedenheit - im Büro wie auch zu Hause - deutlich zunahm.
Insgesamt testeten 240 Angestellte die viertägige Arbeitswoche, wobei sie vier Achtstundentage absolvierten, aber für fünf bezahlt wurden. Die Idee selbst stammt laut »Guardian« von Firmengründer Andrew Barnes, der seinen Mitarbeitern eine bessere sogenannte Work-Life-Balance bieten und ihnen dabei helfen wollte, sich im Büro rein auf Geschäftliches zu konzentrieren und private Verpflichtungen an ihrem freien Tag von zu Hause aus zu bewältigen.
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Analyse zeigten, dass Barnes’ Idee sich in der Praxis erfolgreich umsetzen ließ: 78 Prozent der Mitarbeiter sagten, dass sie nun das Gefühl hätten, ihre Work-Life-Balance erfolgreich erreichen zu können, 24 Prozent mehr als bei der Befragung vor dem Experiment. Das Stressniveau der Mitarbeiter sank laut der Studie um sieben Prozent, während die Lebenszufriedenheit insgesamt um fünf Prozent höher lag.
Der besonders kritische Punkt - die Produktivität der Mitarbeiter - sank dabei nicht, sondern stieg trotz weniger Arbeitszeit sogar geringfügig an. »Unser Führungsteam berichtete, dass sich die Unternehmensleistung vor und während der Studie weitgehend nicht verändert hat«, sagt Barnes. Es sei keine Abnahme der Arbeitsleistung wahrgenommen worden. Im Gegenteil hätten die Umfragedaten für die meisten Teams sogar einen marginalen Anstieg gezeigt.
Haar, der ähnliche Daten in Firmen in ganz Neuseeland erfasst, sagt, dass er so positive Ergebnisse noch nie zuvor bei Untersuchungen erzielt habe. Helen Delaney, eine Dozentin an der Business School der University of Auckland, die das Experiment gemeinsam mit Haar begleitete, fand heraus, dass viele Mitarbeiter kreativ mit der verringerten Arbeitszeit umgingen: »Die Mitarbeiter entwickelten eine Reihe von Innovationen und Initiativen, um auf produktivere und effizientere Weise zu arbeiten«, sagt sie. »Von der Automatisierung manueller Prozesse bis hin zur Reduzierung oder Beseitigung der nicht arbeitsbezogenen Internetnutzung.«
Perpetual-Guardian-Chef Barnes will die Ergebnisse des Tests jetzt dem Vorstand des Unternehmens vorlegen. Der muss in den kommenden Wochen entscheiden, ob eine viertägige Arbeitswoche nun langfristig umgesetzt werden soll. Barnes wäre dafür: Denn in seinen Augen kann dabei nur Gutes herauskommen: »Wenn Eltern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können, wie kann das denn schlecht sein?«, fragte Barnes im Interview mit dem »New Zealand Herald«. Der Neuseeländer glaubt, dass das neue Arbeitsmodell, die Gesellschaft nachhaltig verbessern könnte und auch von anderen Firmen getestet werden sollte. Psychische Probleme könnten reduziert und Büros unter Umständen verkleinert werden, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt weniger Leute im Büro sitzen würden.
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