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  • Freiheitsrechte von Psychiatrie-Patienten

Fixierung nur mit richterlicher Genehmigung

Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärkt Rechte von Psychiatrie-Patienten / Baden-Württemberg und Bayern müssen Landesgesetze anpassen

  • Lesedauer: 3 Min.

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht entschied am Dienstag, dass Patienten nicht allein auf ärztliche Anordnung im Krankenbett stundenlang fixiert werden dürfen. Ein Richter müsse vorher, oder wenn dies nicht möglich ist nachträglich, die Fixierung genehmigen. Die Karlsruher Richter erklärten damit landesgesetzliche Regelungen in Baden-Württemberg teilweise für verfassungswidrig und rügten fehlende bayerische Bestimmungen zur Fixierung von Patienten. (AZ: 2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/16)

Der aus Bayern stammende erste Beschwerdeführer war mit 2,68 Promille Blutalkoholkonzentration in das Isar-Amper-Klinikum München-Ost eingewiesen worden. Auf ärztliche Anordnung wurde er wegen Suizidgefahr acht Stunden im Krankenbett an allen Gliedmaßen, Bauch, Brust und Stirn festgebunden, eine sogenannte Sieben-Punkt-Fixierung. Er sah infolge der Fesselung sein Freiheitsgrundrecht verletzt und klagte wegen erlittener Verletzungen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Im zweiten Fall wurde der psychisch kranke Beschwerdeführer über mehrere Tage in der Psychiatrie behandelt und dabei auf ärztliche Anordnung immer wieder im Bett an allen Gliedmaßen und am Bauch stundenlang gefesselt, eine sogenannte Fünf-Punkt-Fixierung. Zum Duschen oder für Toilettengänge wurden die Fesseln entfernt.

Die Fünf-Punkt- oder Sieben-Punkt-Fixierung ist als Freiheitsentzug zu werten, die das Freiheitsgrundrecht der Betroffenen einschränkt, es sei denn, es handelt sich nur um eine kurzfristige Maßnahme, urteilte das Bundesverfassungsgericht. »Von einer kurzfristigen Maßnahme ist in der Regel auszugehen, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet«, sagte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung.

Auch psychisch Kranke und nicht voll geschäftsfähige Personen hätten Anspruch auf Schutz vor Freiheitsbeschränkungen. Zwar dürfe der Gesetzgeber Fixierungen zulassen. Für diese gebe es wegen des Freiheitsgrundrechts jedoch strenge Anforderungen, betonte Voßkuhle.

So dürfe die Fixierung nur das »letzte Mittel« sein. Der Gesetzgeber müsse das Verfahren zur Fixierung zudem klar regeln, heißt es im Urteil. Außerdem müsse ein Richter immer die Fixierung genehmigen. Sei dies vorher nicht möglich, müsse die Genehmigung nachträglich eingeholt werden. Die Verfassungsrichter forderten, dass hierfür ein täglicher, von 6 bis 21 Uhr besetzter richterlicher Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen muss.

Die baden-württembergischen Regelungen zur Fixierung von Patienten seien teilweise verfassungswidrig. Diese sehen nur eine ärztliche Anordnung, nicht aber eine richterliche Entscheidung vor. In Bayern müsse der Gesetzgeber überhaupt erst einmal eine gesetzliche Grundlage für Fixierungen schaffen, verlangten die Verfassungsrichter.

Bis zum 30. Juni 2019 muss nun der jeweilige Gesetzgeber die Fixierung von Patienten neu regeln. Bis dahin sind Fixierungen weiter möglich. Allerdings müsse auch während des Übergangszeitraums für die Fünf-Punkt- und die Sieben-Punkt-Fixierung eine richterliche Genehmigung eingeholt werden. Außerdem müsse bei jeder Fixierung genau geprüft werden, wie lange diese unerlässlich ist, um eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung Dritter abzuwenden. epd/nd

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