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Aufwertung »wegscheppern«
Anwohner*innen schlagen auf Töpfe, um gegen Bauprojekt der CG-Gruppe zu protestieren
Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite Anwohner*innen und Gewerbetreibende, die mit Kochtöpfen und Kochlöffeln lautstark protestieren. Auf der anderen Seite Unternehmer die trotz der sommerlichen Hitze Anzug tragen. Dazwischen die Polizei und der Sicherheitsdienst der Baustelle.
Anlass liefert die »feierliche Grundsteinlegung« des Bauprojektes Carré Sama-Riga des Immobilienkonzerns CG-Gruppe unter Führung von Christoph Gröner. Die »Aktionsgruppe Rigaer 71-73« hatte am Freitagmorgen an der Ecke Samariterstraße zur »alternativen Pressekonferenz« mit anschließendem »Scheppern« eingeladen. Seit anderthalb Jahren wird jeden Freitag protestiert, gewaltfrei und niedrigschwellig. Anwohner*innen und Gewerbetreibende schlagen dazu mit Kochlöffeln auf Töpfe, blasen in Tröten oder trommeln auf Müllcontainern herum, um durch den Lärm auf sich aufmerksam zu machen. Das »Scheppern« sei kraftsparender als jede Woche eine Demonstration zu veranstalten, meint Mathias Schulz, der Teil der Aktionsgruppe ist.
Während im Hintergrund der Protest zu hören ist, beginnen auf der Baustelle die Feierlichkeiten. Bauherr Christoph Gröner freut sich, dass neben mehreren Vorstandsmittgliedern seiner CG-Gruppe auch so viele Gäste erschienen sind. Aufgrund der Proteste sei dies keine Selbstverständlichkeit, so Gröner. »Wir bauen hier nichts Zwielichtiges, sondern ein ganz normales Projekt«, ist er überzeugt. So entstünden im Carré vor allem Mietwohnungen »im Krankenschwesterbereich«, also kostengünstig. Mehrfach weist er auf die Schwierigkeiten hin, die durch die linken Demonstrant*innen entstünden. Zwar sei am Carré selbst bisher wenig Sabotage verübt worden, in Leipzig sei vor Kurzem jedoch ein Architekturbüro angegriffen worden. Hierin sieht Gröner eine große Gefahr. »Wir dürfen den Rechtsstaat nicht verlieren. Wir hatten das schon 1933, dass einem Architekten Steine durch die Fenster geworfen werden«, so Gröner. Wie genau er die lauten, aber friedlichen Proteste vor der Baustelle und den Angriff auf das Architekturbüro mit Nazizeit und Judenverfolgung in Verbindung bringt, bleibt dabei sein Geheimnis.
»Dieses Bauprojekt verändert den ganzen Kiez«, begründet Anwohner Schulz den Protest. Die Baustelle sei Teil einer Umstrukturierung, die den einstigen Arbeiter*innenkiez nach und nach teurer werden ließe. »Berlin war schon immer eine Stadt der Mieter« so Schulz. »Das muss jetzt verteidigt werden.«
Dass die Aktivist*innen beim »Scheppern« von einer Hundertschaft der Polizei und dem Sicherheitsdienst der Baustelle beobachtet werden sei nichts ungewöhnliches, meint Rosa Tscherni, die sich ebenfalls in der linken Aktionsgruppe engagiert. Die Sicherheitskräfte spielten sich ihrer Aussage nach als »Kiezstreife« auf. Plakate und Flyer der Aktivisten würden regelmäßig heruntergerissen. Bei einer ihrer »Schepper«-Aktionen sei ein Sicherheitsmitarbeiter ihr gegenüber auch handgreiflich geworden, so Rosa Tscherni.
Kraft kostet die Baustelle auch die Gewerbetreibenden der Samariterstraße. Diese müssten aufgrund der Baustelle Umsatzeinbußen hinnehmen, meinen die Aktivist*innen. Carmen Lessoued-Metzdorf, die seit 15 Jahren den Blumenladen in der Hausnummer 9 betreibt, berichtet, sie müsse ihren Laden bald schließen. Sie klagt über bis zu 24 000 Euro Umsatzeinbußen seit Beginn der Bauarbeiten. Jetzt sei ihr auch noch von ihrem Vermieter unvermittelt gekündigt worden. »Ich stehe vor dem Nichts«, so Lessoued-Metzdorf. Kompensation oder Verlustausgleich von den Bauträgern sei keine zu erwarten.
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