Ein Neuling trifft alte Bekannte

Die vier Ostvereine der 2. Fußball-Bundesliga eint ein Ziel: Bloß nicht absteigen!

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Sonntag und Montag erleben die Mannschaften aus den neuen Bundesländern ihre Saisonpremieren in der 2. Bundesliga. Erstmals seit der Serie 2013/14 sind es wieder vier Vereine im Unterhaus der Eliteliga. Der FC Erzgebirge Aue, der 1. FC Union Berlin und die SG Dynamo Dresden waren schon in der vergangenen Spielzeit dabei. Mit dem 1. FC Magdeburg gesellt sich ein absoluter Novize dazu. Magdeburg startet am Sonntag daheim gegen St. Pauli. Am selben Tag treffen in Berlin die Uralt-Rivalen Union und Aue direkt aufeinander. Dresden muss bis Montagabend warten, ehe der MSV Duisburg in Dynamos Stadion gastiert.

Die vier Ostklubs eint eine lange gemeinsame Historie und in der Gegenwart vor allem ein Ziel: Bloß nicht absteigen! Union, Dresden und Aue waren in der vergangenen Saison in den härtesten Abstiegskampf aller Zeiten in der 2. Liga verwickelt. Union konnte sich erst am vorletzten Spieltag retten, Dresden am letzten, Aue in der Relegation gegen den Drittligisten Karlsruher SC.

Für die Erzgebirger wird die 13. Zweitliga-Spielzeit somit die dritte am Stück, und sie dürfen sie gestärkt in Angriff nehmen. In der Vorbereitung blieben sie in allen elf Partien ungeschlagen. Am Sonntag konnte sogar der Champions-League-Teilnehmer Schalke 04 mit 1:0 geschlagen werden. Das Erzgebirgsstadion, das nach dem rund zweijährigen Umbau in eine reine Fußballarena 16 020 Besucher fasst, wurde bei dem »Kumpel«-Duell offiziell eingeweiht.

Die Veilchen setzen auch in der neuen Saison auf die Dienste von Christian Tiffert. Der defensive Mittelfeldspieler ist mit 36 Jahren und 165 Tagen der älteste Profi aller 18 Zweitligisten. Fast genauso alt ist der neue Trainer Daniel Meyer (38). Im Männerbereich war er bislang nur länger beim FC Strausberg in Brandenburg tätig. Zuletzt engagierte sich der Hallenser im Nachwuchsbereich des 1. FC Köln auch als Interimstrainer der Kölner U19. »Die Abläufe sind die gleichen, ich lasse genauso trainieren, ich habe die gleiche Spielidee, ich führe die gleichen Ansprachen. So gesehen, ist der Alltag ähnlich«, sagt Meyer.

Aues Präsident Helge Leonhardt ist für überraschende, wie auch erfolgreiche Verpflichtungen bekannt. 2018 und 2017 konnten Hannes Drews und der jetzige Schalker Trainer Domenico Tedesco jeweils die Klasse halten. Aue muss diesmal jedoch den Weggang von Stürmer Pascal Köpke zu Erstligist Hertha BSC verkraften. Mit Verteidiger Steve Breitkreuz und Mittelfeldmann Jan Hochscheidt (beide Braunschweig) kehren dafür zwei Ex-Kollegen zurück.

Unions Urs Fischer ist der einzige Trainer, der überhaupt noch nicht im deutschen Ligafußball mitgemischt hat. Dafür bringt der 52-jährige zweifache Meistertrainer des FC Basel aus der Schweiz den Erfahrungsfundus von 43 Europapokalspielen mit. Dennoch sind die Köpenicker mit jeweils sieben Zu- und Abgängen sowie zwei zurückgekehrten Leihspielern eine kleine Wundertüte. Vom Aufstieg redet nach Rang acht in der Vorsaison niemand mehr, auch weil Abwehrchef Toni Leistner (Queens Park Rangers) und Stürmer Steven Skrzybski (Schalke 04) schwer zu ersetzen sind. Angreifer Sebastian Polter (Achillessehnenriss) fällt zudem noch zwei bis drei Monate aus.

»Wir wollen es auf jeden Fall besser machen als in der vergangenen Saison, als wir gegen den Abstieg gespielt haben«, sagt Christopher Trimmel. Unions neuer Kapitän spricht von einem »Umbruch« bei den Eisernen, »der Zeit braucht«. Eine einstellige Platzierung sollen vor allem die Neuzugänge ermöglichen, die sich durchsetzen dürften: Torwart Rafal Gikiewicz (SC Freiburg), die Defensivspieler Florian Hübner, Manuel Schmiedebach (beide Hannover 96) und Ken Reichel (Eintracht Braunschweig) sowie Stürmer Sebastian Andersson (1. FC Kaiserslautern).

In Dresden standen die große Zuschauerunterstützung mit einem Heimschnitt von 28 000 Besuchern und der Ertrag der vergangenen Spielzeit in einem sehr schlechten Verhältnis. Mit 19 Punkten landete Dynamo in der Heimtabelle auf dem letzten Rang. »Wir müssen daran arbeiten, dass es hier für andere kein Selbstbedienungsladen ist«, sagte Trainer Uwe Neuhaus. Nach Platz fünf 2016/17 folgte im schwierigen zweiten Jahr nach dem Aufstieg lediglich Position 14. Zeitweise stand wohl auch Neuhaus zur Disposition.

Er bleibt zwar nun im Amt, muss aber umbauen. Dresden verlor einige Leistungsträger wie Torwart Martin Schwäbe (1899 Hoffenheim) und Mittelfeldspieler Niklas Hauptmann (1. FC Köln). Bei den zehn Neuzugängen sticht Patrick Ebert (FC Ingolstadt) heraus. Einst bestritt er 109 Erstligaspiele für Hertha BSC. Danach ging der nicht immer pflegeleichte Kicker auf Wanderschaft. Real Valladolid, Spartak Moskau und Rayo Vallecano gehörten zu den namhaften Stationen.

Magdeburg ist in der 45. Zweitliga-Saison der 126. Verein, der den Sprung ins deutsche Unterhaus geschafft hat. Dass dafür seit der Wende beim Europacupsieger von 1974 und dreifachen DDR-Meister 27 Jahre vergehen mussten, ist ein Trauerspiel. Nun darf sich die Liga auf einen Neuling mit riesigem Anhang freuen. Allerdings muss das Stadion noch umgebaut werden. Leicht wird es auch sportlich nicht, denn nur sechs Spieler gehen mit Zweitliga-Erfahrung ins Rennen.

Jens Härtel begann als Trainer am 1. Juli 2014 in der Regionalliga Nordost. Von den aktuellen Übungsleitern der 2. Bundesliga ist lediglich der Heidenheimer Frank Schmidt (seit 2007) länger im Amt. Härtel stieg mit dem FCM 2015 in die 3. Liga auf. Drei Jahre später krönte er seine Arbeit mit dem Sprung in die 2. Liga. Dort wird es nun wohl darauf ankommen, auch bei Misserfolg Ruhe zu bewahren. Und das gilt für alle Ostvereine.

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