Tolle Aussichten
Legte sich mit der FPÖ an: Musiker Wolfgang Ambros
Österreich ist ein seltsames Land. Vielleicht sagt sich das nur so einfach. Österreich ist auch nur eine Art Deutschland, aber mit lustigeren Dialekten, seltsam anmutenden Alkoholtraditionen und Pferdekutschen, über das man sich in Deutschland sehr einfach echauffieren kann, anstatt vor der eigenen Haustür zu kehren.
Ein Schicksal, das früher oder später also auch einen deutschen Musiker treffen wird, ereilte nun den Austropop-Pionier Wolfgang Ambros. In der »Süddeutschen Zeitung« sprach sich der 66-Jährige gegen die rechte Regierung in Wien aus und übte scharfe Kritik an ÖVP-Bundeskanzler Kurz, der viel zu oft »skandalöse Aussagen der FPÖ unkommentiert« lässt. Die Folge war - und es ist traurig, wie erwartbar das heutzutage ist - ein Shitstorm vom einfachen Ösi-Hinterwäldler-Pöbel bis zum FPÖ-Generalsekretär.
Der Rest der Republik Österreich konnte diese Schmach gegenüber dem Dichter der inoffiziellen Nationalhymne natürlich nicht einfach so auf sich sitzen lassen und katapultierte den 70er-Jahre-Gassenhauer »Schifoan« (auf Hochdeutsch: Ski fahren) solidarisch an die Spitze der Hitparade.
Jetzt bleibt abzuwarten, ob der in der Wiener Semmelweisklinik geborene Ambros vorerst genug von der Politik hat oder ob er in der Lage ist, die Gunst der Stunde zu nutzen, sich an die Spitze des antifaschistischen Widerstands zu setzen und die Regierung Kurz-Strache zu stürzen. Diktatur des Austropop-Proletariats, quasi.
Dass er im Inneren ein Revoluzzer ist, bewies er übrigens schon 1972 mit dem Song »Tagwache«. Damals legte er sich nicht nur mit dem Ex-Nazi und Innenminister Karl Lütgendorf, sondern gleich mit dem ganzen Bundesheer an. Ob das beim Umsturz hilfreich ist?
Dabei zeigt die ganze Aufregung um Ambros’ eigentlich ganz gewöhnliche Kritik nur eins: Wie normal es schon geworden ist, dass Rechtsextreme und Faschisten in Österreich an der Macht sind. Bald dann auch in Deutschland? Leiwand, wie es in »Schifoan« heißt. Oder für Nicht-Österreicher: Toll!
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.