Erstmals Vorkaufsrecht in Treptow ausgeübt

Nach langer Zögerlichkeit wendet der Bezirk das Instrument nun an

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Wohnhaus Karl-Kunger-Straße 15 in Alt-Treptow wird von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land übernommen. Denn erstmals hat der Bezirk Treptow-Köpenick sein Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten ausgeübt, wie Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) am Freitag bekanntgab. Rund 20 Wohnungen zählt das Ensemble aus Vorderhaus und Seitenflügel.

Das Bezirksamt hatte dem Käufer auch alternativ den Schluss einer sogenannten Abwendungsvereinbarung angeboten. In diesen Verträgen werden beispielsweise der Anbau von Balkonen oder aufwendige energetische Sanierungen für einen bestimmten Zeitraum von zehn oder 20 Jahren ausgeschlossen, was Verdrängung durch exorbitante Mietsteigerungen verhindern soll. Doch dem Vernehmen nach reagierte der ursprüngliche Käufer überhaupt nicht. Er hat noch rund drei Wochen Zeit gegen den Vorkauf Widerspruch einzulegen, danach könnte er auch eine gerichtliche Klärung anstrengen.

»Die Nutzung des bezirklichen Vorkaufsrechts in den bestehenden Milieuschutzgebieten ist kein Allheilmittel, aber eben ein kommunal nutzbares baurechtliches Instrument, das der Erreichung unseres städtebaulichen Ziels dient: Einer Verdrängung der bisher dort lebenden Menschen entgegenzuwirken und die Struktur der Wohnbevölkerung zu erhalten«, so Stadtrat Hölmer.

»Diese Premiere, dass das Vorkaufsrecht nun endlich auch in Treptow-Köpenick ausgeübt wird, ist ein starkes Signal. Auch hier zeigt sich, dass Anwohnerinnen und Anwohner nicht auf sich allein gestellt sind und sich erfolgreich wehren können«, sagt Uwe Doering, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. Er weist allerdings darauf hin, dass er und auch die Grünen-Fraktion seit April erheblichen Druck auf den Baustadtrat und auch Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) ausüben mussten. Einem entsprechenden Antrag der beiden Fraktionen, das Vorkaufsrecht stärker auszuüben, trat schließlich auch die SPD bei.

Im Februar erklärte Hölmer auf nd-Anfrage noch, dass es für die Ausübung eines Vorkaufsrechts einen Eigentümer geben müsse, der verkaufen wolle. »Eine solche Situation lag bis dato nicht vor«, so Hölmer damals. Es ist allerdings erstaunlich, dass es ausgerechnet in den drei Milieuschutzgebieten des Bezirks im Gegensatz zum Rest der Stadt bisher keine Immobilienverkäufe gegeben haben soll. Doering kritisiert die zögerliche Vorgehensweise von Hölmer und Igel. Auch in der örtlichen SPD regt sich Unmut darüber.

Immerhin hatte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) bei einer Diskussion über Milieuschutz in Steglitz Zehlendorf das Ziel ausgegeben, dass bis Ende der Legislaturperiode 1,5 Millionen Berliner in sozialen Erhaltungsgebieten leben sollten - derzeit sind es halb so viele. Im Südwestbezirk werden die Grünen dafür kritisiert, dass sie wegen der dortigen Zählgemeinschaft mit der CDU den Milieuschutz nicht voranbringen können.

Neben Treptow-Köpenick plant auch Marzahn-Hellersdorf aktuell keine Untersuchungen zur Ausweitung des Milieuschutzes, wie die Antwort auf eine Schriftliche Anfrage von Katrin Schmidberger, Mietenexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus, ergab. »Dass dort mit Dagmar Pohle ausgerechnet eine Bürgermeisterin und Baustadträtin der LINKEN nichts für einen besseren Mieterschutz unternehmen will, ärgert mich«, sagt sie »nd«. »Wir müssen alle Instrumente nutzen, die wir haben«, appelliert sie.

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