Grüne wollen Brennpunkte entschärfen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Überbelegung und Mietwucher, kein warmes Wasser, keine Heizung, Schimmel und Müll. In rund 60 sogenannten Problemhäusern leben meist Menschen aus Südosteuropa. «Dann entstehen schnell soziale Brennpunkte», sagt Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipation der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Eine ganze Reihe von Ämtern wird dann auf den Plan gerufen. Zum Beispiel das Jugendamt, das wegen Kindswohlgefährdung aufgrund des Schimmels ermittelt. Auch Gesundheits- und Ordnungsamt sind involviert - und natürlich die Wohnungsaufsicht. «Aber das eigentliche Problem ist die Vermietungspraxis», sagt Kahlefeld.

Doch mit dem aktuellen Wohnungsaufsichtsgesetz beißen sich die Ämter bei renitenten Vermietern die Zähne aus. Die Strafen sind zu gering und die Hürden, einzugreifen, meist zu hoch. Die Stadtentwicklungsverwaltung plant auch eine Novellierung, doch der Entwurf soll erst 2020 vorliegen. Ein Büro wurde beauftragt, die Situation zu erfassen, anschließend soll das Gesetz formuliert werden.

«Man muss das Rad nicht neu erfinden», sagt Grünen-Mietenexpertin Katrin Schmidberger. «Es gibt bereits in Nordrhein-Westfalen und Hamburg Gesetze, aus denen wir uns bedienen können.» Deswegen ist der Zeitplan für sie unverständlich.

Die Schaffung einer neuen gesetzlichen Struktur durch «blindes Übernehmen von Regelungen anderer Bundesländer, die andere Strukturen haben, wird die Arbeit der Wohnungsaufsichtsämter erschweren statt erleichtern», entgegnet Petra Rohland, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, auf nd-Anfrage.

Das rechtliche Problem: Manche der Häuser sind in einem so schlechten Zustand, dass sie amtlich nicht als Wohnungen gelten. Und so greift auch nicht das erst im März verschärfte Zweckentfremdungsverbotsgesetz.

Die Grünen-Politikerinnen haben sechs Punkte zusammengetragen, die ein reformiertes Wohnungsaufsichtsgesetz enthalten soll. Zwingend müssen die Kosten amtlicher Maßnahmen, zum Beispiel für Müllbeseitigung und die Bereitstellung von Ersatzwohnraum auf den Hauseigentümer umgelegt werden. Künftig soll bereits ein drohender Missstand ein Eingreifen der Wohnungsaufsicht ermöglichen. Auch soll es, wie beim Zweckentfremdungsverbot, ein Haus zeitweise enteignet werden können, um es wieder bewohnbar zu machen. Und schließlich soll ein Fonds eingerichtet werden, mit dem die Bezirke in Vorkasse gehen können, ohne eine Haushaltssperre zu riskieren.

Obwohl es bei vielen der Vermieter letztlich um eine Form organisierter Kriminalität geht, ist eine Gewinnabschöpfung bisher nicht gelungen, bedauert Kahlefeld. Eine schlagkräftige Wohnungsaufsicht könnte «ein scharfes Schwert» gegen diese Geschäfte sein«, sagt Schmidberger.

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