- Wirtschaft und Umwelt
- Folgen der Hitzewelle
Wenn das Bewässern verboten ist
Frankreichs Landwirte bangen auch um künftige Ernten, da es schwierig ist, auf dem harten Boden auszusäen
Die anhaltende Hitzewelle hat auch Frankreichs Landwirte in eine extrem schwierige Lage gebracht. Besonders der auf 2,8 Millionen Hektar angebaute Mais leidet unter den hohen Temperaturen und der eingeschränkten Möglichkeit, die Felder zu bewässern. Da die Hälfte des Mais als Futter für die Tierbestände bestimmt ist, schlägt die kritische Lage auch dort durch. Dasselbe gilt für die Grünflächen, wo weniger geweidet oder Heu geerntet werden kann.
Von der Dürre sind vor allem der Nordosten und die Mitte des Landes betroffen. In 55 der 90 französischen Departements ist die Bewässerung mit Oberflächen- oder Grundwasser verboten worden oder nur unter strengen Auflagen möglich. Zehn weitere Departements in Nordfrankreich stehen »unter Beobachtung«, während die Lage im Westen und Süden nahezu normal ist.
Die Trockenheit betrifft meist nur die Oberflächen und die oberen Schichten des Bodens, während der Grundwasserspiegel fast überall normal oder sogar höher als in anderen Jahren ist, weil es im Frühjahr viel geregnet hat. Die Grundwasserreserven werden auf 2000 Milliarden Kubikmeter geschätzt. Der übliche Zugewinn durch regen von 175 Milliarden Kubikmeter Oberflächen- und Grundwasser reichen in »normalen« Jahren völlig aus für den Bedarf der Bevölkerung, der Wirtschaft und der Landwirtschaft. Doch da die Lage nicht überall gleich ist, muss die Erneuerung des Grundwasserspiegels beobachtet und gegebenenfalls lokal durch Beschränkungen etwa der Bewässerung von Feldern gesichert werden.
Die Trockenheit wirkt sich unterschiedlich auf die verschiedenen Kulturen aus. Bei Getreide und Raps fiel die inzwischen schon abgeschlossene Ernte niedriger aus als im Vorjahr, doch sie liegt noch im Schnitt der Jahre 2013-2017 und ist von guter Qualität, schätzt das Landwirtschaftsministerium ein. Wegen des ausgetrockneten Bodens haben die Landwirte aber große Mühe, die nächsten Kulturen auszusäen, was sich auf künftige Ernten auswirken dürfte. Und weil es an frischem Futter mangelt, mussten die Viehzüchter vielerorts bereits ihre Heuvorräte angreifen. »Ein Winter, der schon im August beginnt, wird sehr lang ausfallen«, meint Philippe Cément, Vorsitzender des Bauernverbandes in den Vogesen.
In dieser Region mussten die Rinderherden bereits von den höher gelegenen Weiden ins Tal geholt werden und nicht wie üblich Ende September. »Da oben gibt es nichts mehr zu fressen, und weil die Gewitter ausbleiben, wächst auch nichts nach«, meint Lionel Vaxelaire, Rinderzüchter in Saulxures-sur-Moselotte. »So etwas habe ich seit dem extrem heißen Sommer von 2003 nicht mehr erlebt.« Beim Zukauf von Futter gebe es zudem eine scharfe Konkurrenz in den Beneluxländern, wo die Hitzewelle ebenfalls ihre Spuren hinterlassen hat.
Mit dem warmen und trockenen Wetter zufrieden sind nur die Winzer - sie erwarten überdurchschnittliche Erträge. In zahlreichen Regionen bis hoch in die Champagne musste die Lese vorgezogen werden und hat schon im August begonnen.
Nur wenige Landwirte sind gegen die Folgen extremer Trockenheit versichert. Die meisten können sich eine solche Versicherung nicht leisten, denn sie sind hoch verschuldet und müssen fürs tägliche Leben mit wenigen hundert Euro monatlich auskommen. Sie trifft die Dürre jetzt doppelt schwer.
Um die Einnahmeverluste der Landwirte wenigstens teilweise auszugleichen, haben die Behörden Sondermaßnahmen wie bei Naturkatastrophen eingeleitet. Dazu gehört die Senkung der Bodensteuer für die betroffenen Flächen und die Stundung der Sozialabgaben. Ansonsten setzt die Regierung auf die von der EU-Kommission angekündigte Hilfe in Form vorgezogener Zahlungen aus den Fonds der Gemeinsamen Agrarpolitik. Hilfreich dürfte auch eine Lockerung der EU-Vorschriften für den Umweltschutz sein sowie das Aussetzen der Strafen bei Nichteinhaltung der strengen Bebauungs- und Terminvorschriften. Das Ministerium organisiert aber auch zusammen mit dem Spediteursverband FNTR den Transport von Heu aus Regionen mit normaler Ernte in die Krisenregionen.
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