Druck auf städtischen Wohnungsbau
Initiative in Frankfurt/Main sammelt Unterschriften
Gut zwei Monate vor der hessischen Landtagswahl rückt die Wohnungsfrage in der Bankenmetropole Frankfurt am Main zunehmend in den öffentlichen Blickpunkt. Dafür sorgt jetzt vor allem auch eine Initiative für bezahlbaren Wohnraum, die von Mieterinitiativen, Hochschulverbänden, Attac, Migrantenvereinen und der Frankfurter LINKEN getragen wird. Ihr Ziel ist, bis Spätherbst stadtweit 20 000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln, das an die Adresse der Stadt Frankfurt gerichtet ist und anhaltende Verdrängung von Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ins Umland stoppen soll. Die Zahl 20 000 liegt klar über dem für die Einleitung eines verbindlichen Bürgerentscheids notwendigen Quorum, wie es die Hessische Gemeindeordnung vorgibt.
Die Initiatoren fordern, dass der kommunale Wohnungskonzern ABG Frankfurt Holding deutlich mehr Sozialwohnungen und geförderte Wohnungen schafft sowie die bestehenden Sozialbindungen langfristig sichert. Dazu soll die ABG bei Neubauten ausschließlich öffentlich geförderte und preisgebundene Wohnungen zu Verfügung stellen, die für Gering- und Normalverdiener erschwinglich sind. Gerade bei einem öffentlichen Unternehmen sei der politische Wille wichtig, eine geringere Rendite in Kauf zu nehmen, so die Initiatoren. Zweitens wird für alle sozialwohnungsberechtigten ABG-Mieter eine Absenkung des Mietpreises auf höchstens 6,50 Euro pro Quadratmeter gefordert. Drittens wird gefordert, dass bestehende ABG-Wohnungen beim Auszug von Mietern »zu fairen Preisen neu vergeben« werden.
Konkret schlagen die Initiatoren vor, dass freie Mietwohnungen zu zwei Dritteln als Sozialwohnungen mit maximal 6,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden, das restliche Drittel für maximal 10,50 Euro.
Recherchen der Initiatoren zufolge gibt es in der wachsenden Stadt mit derzeit 736 000 Einwohnern nur noch 26 190 Sozialwohnungen. In den 1990er Jahren lag die Zahl noch bei rund 70 000. Der Bestand müsse wieder stark ausgeweitet werden, damit Frankfurt wieder eine »Stadt für alle« werde, so Bündnisaktivist Alexis Passadakis. Die Zahl der Haushalte, die beim städtischen Wohnungsamt auf der Warteliste für eine Sozialwohnung stehen, habe sich von 5500 im Jahr 2009 auf 9500 im Jahr 2017 gesteigert.
Als besonders drastisch bewertet der Attac-Aktivist, dass nur 134 der 2017 errichteten 4722 Wohneinheiten Sozialwohnungen waren, also gerade mal drei Prozent. Gleichzeitig seien Jahr für Jahr mehrere hundert Sozialwohnungen aus der Preisbindung gefallen. Zumeist sei die Miete sprunghaft gestiegen, so Passadakis.
Mit etwa 50 000 Wohnungen stadtweit sei die ABG »ein richtig großer Fisch im Frankfurter Wohnungsmarkt«, heißt es seitens der Initiative. Der kommunale Konzern und der städtische Magistrat hätten über Jahrzehnte durch einen Abbau des Bestands an Sozialwohnungen und Konzentration auf teure Miet- und Eigentumswohnungen die Misere verursacht. Jetzt müssten sie einen spürbaren Kurswechsel einleiten.
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