Wenn auf Rat gegen Rechtsextremismus gepfiffen wird

CDU in Sachsen bekennt sich zu Förderprogramm, CDU in Sachsen-Anhalt beteiligt sich an Kampagne gegen »Miteinander«

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Nein, eine engagierte Kämpferin gegen den Rechtsextremismus ist die sächsische CDU nicht. Zwar wird das Diktum des einstigen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, wonach die Sachsen »immun« gegen Rechtsextremismus seien, keiner mehr unterschreiben. Doch selbst angesichts der Szenen in Chemnitz, wo Arme zum Hitlergruß gereckt wurden, sprechen Regierungschef Michael Kretschmer und sein Innenminister verharmlosend von »Chaoten« und sorgen sich vor allem um den Ruf des Freistaats.

Aber immerhin: Die schlimmen Ereignisse führen dazu, dass sich die Regierungspartei zu einem Förderprogramm bekennt, das dem aktiven Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus gewidmet ist. Konfrontiert mit dem Vorwurf, Sachsen verharmlose den Rechtsextremismus, verwies der sächsische CDU-Generalsekretär Alexander Dierks in einem Interview des Deutschlandfunks auf das Programm »Weltoffenes Sachsen«, das zu den finanziell am besten ausgestatteten seiner Art in der Bundesrepublik gehöre und einen »klaren Fokus« auf den Rechtsextremismus lege. Aktuell ist das 2005 begründete Programm mit 4,1 Millionen Euro jährlich ausgestattet. Im demnächst zu beschließenden Etat für 2019 / 20, so Dierks’ Bekenntnis unter dem Druck der Ereignisse, wolle man es »auf hohem Niveau weiterführen«.

Ganz andere Signale kommen aus der CDU im Nachbarland Sachsen-Anhalt. Dort führt die AfD eine Kampagne gegen den »Miteinander e.V.«, der sich als »Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit« versteht und im Umgang mit Rechtsextremismus berät. Die AfD im Land wird von dem Verein als »völkisch-nationalistisch« eingestuft und entsprechend attackiert. Die Partei wehrt sich, indem sie den Verein zu diskreditieren, von Fördermitteln abzuschneiden und so zur Einstellung der Arbeit zu nötigen sucht. »Der Spuk muss ein Ende haben«, sagte der Ex-Landeschef André Poggenburg kürzlich klipp und klar.

Die AfD hofft dabei auf Schützenhilfe der CDU - die ihr gewährt wird. Zunächst setzte Finanzminister André Schröder den »Gefällt mir«-Haken an die Nachricht eines Journalisten, wonach die AfD dem Verein Fördermittelmissbrauch vorwerfe. Die Partei hatte angekündigt, in dieser Sache das Finanzministerium in Anspruch nehmen zu wollen. Danach sprach Holger Stahlknecht, Innenminister und designierter neuer CDU-Landeschef, dem Verein die Neutralität ab und erklärte ihn zur »Marscheinheit der Linken«. Auch er griff dabei die Argumentation der AfD auf, die »Miteinander« den Geldhahn zudrehen will, weil der Verein gegen ein »Neutralitätsgebot« verstoße.

Zuletzt brachte nun Dierks’ Amtskollege in Magdeburg, der Europaabgeordnete Sven Schulze, sogar die Auflösung von »Miteinander« ins Gespräch. Anschließend, schrieb er im Nachrichtendienst Twitter, könne der Verein »unter neuem Namen« wieder gegründet werden - mit dem Ziel, gegen Links- und Rechtsextremismus »gleichermaßen zu agieren«.

Diese Woche wird über den AfD-Vorstoß im Landtag debattiert; schon jetzt ist klar, dass das Thema das Klima in der Koalition mit SPD und Grünen belastet. Vizeregierungschefin Petra Grimm-Benne (SPD) nennt das Agieren der Union »hochgefährlich«. Auch die Grünen stellten sich vor den Verein. Die LINKE warnt, die CDU und ihre Regierungsmitglieder forcierten den »Rechtsruck« im Land. Wenn die Partei nicht einlenke, wäre die Kenia-Koalition als »politischer Damm gegen die AfD« endgültig gescheitert.

Pascal Begrich, der Geschäftsführer von »Miteinander«, schrieb derweil auf Twitter einen konsternierten Kommentar. Es gebe derzeit Hassreden im Parlament, Rechtsrock, rechte Gewalt und einen rechten Mob auf den Straßen: »Und 20 Jahre Rat und Tat gegen Rechtsextremismus sollen entbehrlich sein?«

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