Antifa ist kein Konzertabend

Robert D. Meyer hört gerne Livemusik, braucht sie aber nicht, um öffentlich zu bekennen, Nazis scheiße zu finden

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Konzerttickets sind teuer. Für die Toten Hosen geht es bei 50 Euro los, den Deutschrapper Materia gibt es zu ähnlichen Preisen. Für geile Livemusik kann man viel Geld ausgeben - oder aber am Montag nach Chemnitz fahren. Einzige Bedingung: Rassisten scheiße finden. Also sollte man. Abgefragt wird das nicht, aber es ist eben der Anlass dafür, dass es mitten in Sachsen einen Gratis-Konzertabend gibt, an dem viele Tausend Menschen teilnehmen werden. Das Ziel? Ein symbolisches Zeichen gegen Menschenhass. Andere Bilder aus Chemnitz in die Welt schicken als jene vom Montag, als 5000 Nazis die Innenstadt zur »national befreiten Zone« erklärten.

Das gab es 2015 schon mal in Sachsen, eine Autostunde entfernt: In Dresden spielten Herbert Grönemeyer, Sarah Connor, Adel Tawil und Silly gegen Pegida. 22 000 kamen. Es war die größte Veranstaltung überhaupt gegen die rassistischen Montagsmarschierer. Einziger Schönheitsfehler: Pegida gibt es noch, die Gegenproteste schrumpften kurz darauf auf wenige Hundert Menschen zusammen. Nachhaltig geändert hat sich durch die fröhliche Party nichts. Wie auch?

Solche Veranstaltungen dienen dazu, dass die Gesellschaft sich selbstvergewissernd auf die Schulter klopft, weil eine imaginäre Mehrheit nun endlich für Antifaschismus aufgestanden sei. Ein Bekenntnis, das nichts kostet, im Gegenteil dem Einzelnen sogar noch etwas geboten werden muss, damit er sich öffentlich zu eigentlich unverhandelbaren Grundwerten bekennt. Das Problem ist, dass dieser Konsens nicht mehr existiert.

Pro - Kontra: Antifa braucht auch Konzerte - Sebastian Bähr freut sich, wenn kritische Künstler dort auftreten, wo es wehtut

Sachsens Ministerpräsident spricht gezielt von »Extremisten«, wenn er über die Ereignisse in Chemnitz spricht. Er meint damit nicht nur die Nazis. Er diskreditiert damit jene Antifaschisten, die sich den Rechten in den Weg stellen. Und die sogenannten Bürgerlichen sollen sich bloß nicht mit »diesen« Linken zusammentun. Denn das Bürgertum geht lieber auf Konzerte.

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