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Azubis unter Druck
Überstunden und ständige Erreichbarkeit sind für Lehrlinge ein großes Problem
Es gibt zu wenige Auszubildende und dementsprechend zu wenige Fachkräfte, beschweren sich Unternehmer seit vielen Jahren. Der aktuelle Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommt jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis: »Der so oft beklagte Fachkräftemangel ist vielfach hausgemacht durch die Arbeitgeber selbst«, heißt es in dem Bericht, der am Montag vorgestellt wurde. »Die alte Leier der Arbeitgeber über fehlenden Nachwuchs kommt vor allem aus solchen Branchen, die für miserable Ausbildungsbedingungen und schlechte Vergütung bekannt sind«, so die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Dies betreffe vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe, den Einzelhandel und Teile des Handwerks. Hier blieb zum Teil mehr als jeder dritte Ausbildungsplatz unbesetzt.
Am schlechtesten bewerten Tischler die Qualität ihrer Ausbildung, gefolgt von zahnmedizinischen Fachangestellten und Friseuren. Am zufriedensten zeigten sich demgegenüber Verwaltungsfachangestellte, Mechatroniker und Industriemechaniker. Bewertet wurden dabei Arbeitszeiten, Bezahlung sowie die fachliche Qualität der Ausbildung. »Nach wie vor gibt es große Probleme bei der Qualität der Ausbildung. Deshalb muss die Bundesregierung endlich das Berufsbildungsgesetz reformieren, die Mindestausbildungsvergütung einführen und die Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Ausbilder in den Betrieben verbessern«, fordert Hannack. Das Berufsbildungsgesetz regelt zentrale Fragen rund um die Ausbildung, von den Rechten der Auszubildenden über die Eignung von Ausbildungsstätten. Im aktuellen Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung eine Novellierung vereinbart.
Besonderer Fokus des Ausbildungsreports, an dem sich knapp 15 000 Azubis aus den 25 häufigsten Ausbildungsberufen beteiligten, war in diesem Jahr das Thema Arbeitszeit. Dabei beklagt der DGB einen zunehmenden Flexibilisierungsdruck auf die jungen Menschen. So muss mehr als ein Drittel der Auszubildenden regelmäßig Überstunden machen. Über die Hälfte der Lehrlinge muss außerdem auch nach Feierabend für den Betrieb mobil erreichbar sein und jeder Vierte macht Schichtarbeit. Trotzdem ist der Großteil der Auszubildenden (70,2 Prozent) mit ihrer Lehre zufrieden. Das klingt nach viel, ist allerdings der niedrigste Wert seit Beginn der jährlichen Erhebungen vor 13 Jahren.
Insgesamt ist die Nachfrage nach einer Ausbildung leicht angestiegen: Auf knapp 570 000 Ausbildungsplätze kamen im vergangenen Jahr rund 600 000 Bewerber. Trotzdem verlief die Suche nach einem Ausbildungsplatz für fast jeden siebten Bewerber erfolglos. »Es leuchtet nicht ein, warum 290 000 junge Menschen nach der Schule im Übergangssystem festhängen, während im letzten Jahr 48 000 Ausbildungsplätze unbesetzt blieben«, beklagt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der LINKEN. »Arbeitgeber sollten sich vom Kurs der Bestenauslese verabschieden, im eigenen Laden aufräumen und kreativ werden, um Azubis zu gewinnen, statt zu jammern«, fordert sie. Nötig sei unter anderem eine Mindestausbildungsvergütung, die zum Leben reicht: »Azubis sind weder Billigarbeitskräfte noch lockt man sie mit einem schlechten Ruf der Ausbildungsbedingungen.« DGB-Vize Elke Hannack fordert für Azubis im ersten Jahr mindestens 635 Euro im Monat.
Die leicht gestiegene Ausbildungsplatznachfrage führt der Bericht unter anderem darauf zurück, dass immer mehr Geflüchtete versuchen, auf dem Ausbildungsmarkt Fuß zu fassen. Diese würden sich hinsichtlich Geschlecht, Alter und Vorqualifikation deutlich von den anderen Bewerbern unterscheiden: So ist der Frauenanteil mit 14,8 Prozent deutlich geringer als bei Bewerbern ohne Fluchtkontext (41,4 Prozent), wobei auch insgesamt das Interesse von Frauen an einer Ausbildung weiter abgenommen hat. Außerdem sind sie im Schnitt sehr viel älter und verfügen oft über eine geringere schulische Vorbildung. Da Geflüchtete sehr viel seltener einen Ausbildungsplatz bekommen, fordert der DGB unter anderem mehrsprachige Ausbildungen und eine schnelle und kostenfreie Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse. Insbesondere für Betriebe, die Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen haben, sei es wichtig, künftig auch jungen Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und ungünstigen Ausgangsvoraussetzungen verstärkt eine Chance auf Ausbildung zu geben.
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