- Politik
- #Aufstehen
Sammlungsbewegung soll AfD schwächen
Politiker linker Parteien unterstützen #Aufstehen, die Parteispitzen lehnen die Bewegung ab
Saarbrücken. Die linke Sammlungsbewegung »Aufstehen« soll nach den Worten ihrer Gründer Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine politisch heimatlose Wähler ansprechen und auch die AfD schwächen. Ziel sei es, linken Wählern, die sich in den bisherigen Parteien nicht wiederfänden, eine Plattform zu bieten, sagte der frühere LINKEN-Vorsitzende Lafontaine der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Die Bewegung wolle auch »die Wanderung zur AfD stoppen und vielleicht umkehren«.
Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linkspartei im Bundestag, will die neue Bewegung an diesem Dienstag in Berlin vorstellen. Die Spitzen von LINKEN, SPD und Grünen sehen sie
skeptisch - sie fürchten eine weitere Spaltung des linken Spektrums. Wagenknecht »möchte die gewinnen, die unzufrieden sind, und die tatsächlich jetzt oft das Gefühl haben, sie werden von der Politik nicht mehr gehört, sie werden nicht mehr verstanden, und die aus Wut und Verzweiflung teilweise ihre Stimme tatsächlich solchen Parteien geben«, wie sie mit Blick auf die AfD in den ARD-»Tagesthemen« sagte. »Ich will keine Rechtsentwicklung in Deutschland, aber dafür muss es uns gelingen, die Politik zu verändern.«
Lafontaine erklärte, die AfD zu stoppen bedeute nicht, ihren Parolen nachzulaufen: »Wir wollen das über die soziale Frage lösen.« Über die fremdenfeindlichen Proteste in Chemnitz sagte er: »Der Unmut hat sich nicht in erster Linie durch die Flüchtlingsfrage aufgestaut, sondern durch das Auseinanderfallen der Gesellschaft, durch den Sozialabbau und die dadurch ständig steigende Unzufriedenheit.«
Bei der Vorstellung mit dabei sind laut Einladung die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange, die bei der Wahl zur SPD-Chefin Andrea Nahles herausgefordert hat, und der ehemalige Grünen-Vorsitzende Ludger Volmer. Auch der Autor und Dramaturg Bernd Stegemann soll teilnehmen. Vier Wochen nach ihrer Gründung im Internet nähert sich die Zahl der Unterstützer nach Lafontaines Angaben der Marke von 100.000. Vor gut einer Woche waren es demnach bereits mehr als 85.000.
Die Strukturen müssten erst wachsen, erklärte Lafontaine weiter. »Die Bewegung ist ja im Entstehen.« Ohne Steuerungsgremium werde man nicht auskommen. Aber: »Wir wollen wirklich auch eine breitere Basis in der Spitze.« Er selbst werde nicht in der ersten Reihe stehen, sagte er.
Kritik, die Bewegung habe kein politisches Programm, wies Lafontaine zurück. Man wolle höhere Renten, höhere Löhne, bessere soziale Leistungen, keine Kriegseinsätze der Bundeswehr, keine Waffenlieferungen und eine Europapolitik der guten Nachbarschaft: »Wenn die Hälfte davon im Bundestag realisiert würde, dann hätten wir eine andere Gesellschaft.«
Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow hält die Wagenknecht/Lafontaine-Initiative für einen Fehler. »Eine Bewegung muss von unten heraus entstehen und nicht in einer Partei«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. Die linke Sammlungsbewegung von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine »polarisiert nicht in der Gesellschaft, sondern sie polarisiert aktuell eher die LINKE als Partei. Das halte ich für falsch.« Er fügte hinzu: »Ich bezweifle aber, dass sie als Online-Bewegung viel in Gang bringen kann.«
Lesen Sie auch: Eine Datenanalyse zeigt, dass Sahra Wagenknecht auch CDU-Wähler, Nichtwähler und auch AfD-Anhänger erreicht (ndPlus)
Die SPD-Spitze lehnt eine Zusammenarbeit strikt ab. »Was Wagenknecht und Lafontaine da machen, ist keine Bewegung, sondern ein Machtkampf innerhalb der Linkspartei«, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. »Wir brauchen ernsthafte Gespräche über ein progressives rot-rot-grünes Bündnis, statt Internetseiten ohne politische Konsequenz.« dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.