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Wie beugt man Waldbränden vor?
Kaliforniens Umweltschützer warnen die Behörden davor, das Abholzen von Bäumen freizugeben
Kalifornien erlebt eine der schlimmsten Waldbrandsaisons der Geschichte. Die Brände waren teils so massiv, dass ihre Rauchfahnen einen Großteil von Kanada und Nordmexiko bedeckten. Auch auf der Insel Guadalupe - rund 250 Kilometer vor der Küste - war er zu sehen. Nach Berechnungen der National Oceanic and Atmospheric Administration war im August zeitweilig ein Gebiet von der Größe Europas in Rauch gehüllt.
18 große Waldbrände wüteten in diesem Jahr in Zentral- und Nordkalifornien. Das »Mendocino Complex Fire« nördlich von San Francisco war sogar der größte in der Geschichte des Bundesstaats. Erst nach einem Monat des Kampfes konnten Feuerwehrleute damit beginnen, den Brand einzudämmen, wie die für Forstwirtschaft und Brandschutz zuständige Behörde Cal Fire mitteilte. Der Brand von Mendocino verkohlte mehr als 186 000 Hektar und zerstörte 280 Gebäude, darunter 157 Wohnhäuser.
Insgesamt sind in diesem Jahr rund 1000 Wohnhäuser verloren gegangen. Mindestens neun Menschen kamen bei den Waldbränden um. Der Schaden wird auf eine Milliarde Dollar geschätzt; die Kosten für die Brandbekämpfung und die Evakuierungen sind noch nicht einberechnet.
Das Problem dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, warnen Klimaforscher. Seit Jahren suchen extreme Dürren den US-amerikanischen Westen heim. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Klimawandel den normalen Zyklus, der die Region regelmäßig austrocknet, verschärft hat. Gleichzeitig ist die Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen. In den trockenen Pinienwäldern, wo die Brände meist entstehen, sind viele neue Häuser gebaut worden.
Das California Climate Change Assessment, eine von staatlichen Stellen geförderte, breit angelegte Studie, kommt zur Einschätzung, dass bis zum Ende dieses Jahrhunderts Waldbrände rund 77 Prozent mehr Flächen erfassen werden, da die Temperaturen und Dürren zunehmen. In der Hauptstadt Sacramento werden derzeit im Schnitt viermal im Jahr Temperaturen von 40 Grad Celsius oder mehr erreicht. Bis 2100, so die Prognose, wird dies 40 Mal der Fall sein.
Die Politiker streiten jetzt darüber, wie sie sich dieser Herausforderung stellen sollen. Kaliforniens Regierung gilt als Vorreiter beim Klimaschutz in den USA, die Administration von Präsident Donald Trump in Washington bezweifelt, dass es überhaupt einen Klimawandel gibt oder zumindest dass dieser von Menschen gemacht ist. US-Innenminister Ryan Zinke, der in der Bundesregierung für die öffentlichen Naturparks und andere Ländereien zuständig ist, glaubt, dass Menschen den Ausbruch solcher Brände verhindern könnten. Er forderte eine Lockerung der Beschränkungen für Holzfirmen, Buschwerk zu räumen, das Waldbrände verursachen kann. Die Reduzierung der Treibhausgase in der Atmosphäre hält Zinke nicht für eine Lösung. »Ob Sie ein Befürworter oder ein Gegner des Klimawandels sind, ob Sie an ihn glauben oder nicht, es entbindet Sie nicht von der Verantwortung, unser öffentliches Land zu verwalten«, sagte der Minister kürzlich beim Besuch des Golden State. »Wir müssen zusammenarbeiten, um die Gesundheit der Wälder wiederherzustellen. Das ist aber keine neue Norm.«
Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown ist da anderer Meinung: »Die Brände sind jetzt viel stärker Teil unserer normalen Erfahrung«, sagte der liberale Demokrat. »Es wird vorhergesagt, dass es immer trockener und heißer wird. Wir müssen uns anpassen.« Als kurzfristige Maßnahme bereiten die Demokraten ein Gesetz vor, das es erleichtert, Bäume in den Wäldern zu entfernen, die bei einem Großbrand den Flammen Brennstoff geben könnten.
Umweltschützer kritisieren, damit machten es sich die Behörden zu leicht, denn solche Maßnahmen würden die Brände nicht aufhalten. Im Gegenteil: »Es schwächt die Umweltgesetzgebung, die Abholzung großer Bäume zu ermöglichen«, sagte Chad Hanson vom John Muir Project. »Je größer die Bäume, desto feuerbeständiger sind sie.« Stattdessen würde ein kontrolliertes Wegräumen von Unterholz Zerstörungen besser verhindern. Der Staat müsse außerdem Bauverbote in Gebieten in Betracht ziehen, die besonders waldbrandgefährdet sind.
Dem steht der Widerstand von Kaliforniens mächtiger Immobilienlobby entgegen. Womöglich werden sich aber Hausbesitzer in Zukunft scheuen, in diesen Zonen zu bauen - wegen des Risikos und wegen der Kosten: Das »Climate Change Assessment« erwartet, dass die Gebäudeversicherung in den Ausläufern der Sierra Nevada in Ostkalifornien deutlich teurer werden wird.
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