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Schlagerstar und Antifa
Wenn nur einige Helene-Fischer-Fans bei der nächsten Kundgebung eines lokalen Bündnis gegen Rechts auftauchen, ist schon viel gewonnen.
»Dieses Lied steht für Toleranz und Zusammenhalt«, rief der derzeit größte Schlagerstar Deutschlands in der Mercedes Benz Arena in Berlin vor Tausenden Fans. »Erhebt eure Stimmen gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit«, forderte Helene Fischer unter Jubel von ihren Fans. Auch sie verfolge die Medien, wisse, was im Land los sei. In einem Posting bei Instagram sorgte sich Fischer um den Zusammenhalt in Deutschland, schreibt, man dürfe »nicht ausblenden, was passiert« und erklärte die Liebe gewinne immer. Ihren Post garnierte das sonst unpolitische Schlagersternchen mit dem Hashtag #wirsindmehr.
Nein, Helene Fischer ist keine Rassismus-Expertin, sie bietet kein sechsseitiges Flugblatt, dass die Verhältnisse erklärt und ohnehin nicht gelesen wird. Denn bei Rassismus, da geht es darum das »Richtige« zu tun, so wie im gleichnamigen Film von Spike Lee eben. Und schon oft wurde das Richtige aus den falschen Gründen getan – oder mit falschen Worten eben.
Die Aufforderung »Steht alle auf« der Sängerin beim Konzert ist ein schlichter Aufruf zur Mitmenschlichkeit, der gehört und gelesen wird - über linke Nischen hinaus. Das Statement der Sängerin, die über fünf Millionen Alben verkauft hat – und sei es auch noch so schwammig –, hat Gewicht. Es erreicht die Menschen, die nicht von den üblichen Linken erreicht werden. Fischer hat 510.000 Abonnenten auf Instagram, zehnmal so viele, wie die üblichen Verdächtigen beim #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz mobilisierten. Dort predigten die unermüdlichen Provinzunterstützer von Feine Sahne Fischfilet den ohnehin schon Überzeugten aus der linksliberalen Zivilgesellschaft. Das ist wichtig, reicht aber nicht.
Linke Kritiker unterstellen Fischer Wohlfühlantifaschismus und ein Statement, mit dem sie nicht anecken wolle, etwa bei den eigenen rechten Anhängern. Der scharfe Backlash der AfD-Anhänger in den sozialen Netzwerken dagegen zeigt, dass die Botschaft sehr wohl angekommen ist. Gerade weil Fischer ein Millionenpublikum hat, ist es nicht unplausibel, das darunter auch Rechte sind, das die empörten Kommentare auf ihrer Instagram-Seite nicht nur von den üblichen rechten Trollen kommen.
Unwichtig ist auch die Frage, ob Fischer es sich als gutverdienender Star leisten kann, einige Fans zu verlieren in einer polarisierten Gesellschaft, in der sie für ihr Statement vermutlich mit neuen Fans auf der Linken belohnt wird.
Wichtig dagegen ist, dass Fischer für eine Mitte steht, für eher unpolitische Menschen wie die Sängerin eben, die langsam, tastend und ungelenk beginnt, sich damit auseinanderzusetzen, was Chemnitz, was die AfD für Deutschland, und was der Schulterschluss von Neonazis und AfDlern eigentlich für dieses Land bedeutet. Ganz stinknormale Menschen eben, die merken, dass sie sich positionieren müssen, etwa in Hamburg, wo am Mittwoch plötzlich 10.000 Bürger - eben nicht nur Linke - gegen 100 Merkel-muss-weg-Nazis auf die Straße gingen. Und Fischer steht ja auch dafür, das Antifaschismus eben nicht nur – salopp gesagt - ein linkes Ding ist, oder es jedenfalls nicht sein sollte.
Dass der Schlagerstar eigentlich falsche Worte wie »Fremdenfeindlichkeit« verwendet, ist dabei eine ganz andere Frage. Wenn nur einige Likör-trinkende Bunte-Leserinnen und Helene-Fans bei der nächsten Kundgebung eines lokalen Bündnis gegen Rechts auftauchen, ist schon viel gewonnen. »Schlager Star und trotzdem da – Helene Fischer Antifa«, heißt die neue Parole. Zu organisierten Antifaschisten und politisch korrekten Aktivisten können wir die Atemlos-Bewegten dann immer noch machen, im nächsten Schritt.
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