Mittelfinger für Trump
Kalifornien veranstaltet große Klimaschutzkonferenz - Aktivisten fordern von Gouverneur Ende der Ölförderung
Am Mittwoch beginnt in San Francisco der »Global Climate Action Summit«. Auf Einladung des kalifornischen Gouverneurs Jerry Brown erörtern Vertreter von nicht- und substaatlichen Institutionen sowie Unternehmen drei Tage lang Schritte zu einem effektiveren Klimaschutz.
Anlass für den Gipfel in San Francisco ist der von US-Präsident Donald Trump im vergangenen Sommer angekündigte Austritt aus dem Klimaschutzabkommen von Paris. Kaliforniens demokratischer Gouverneur Brown befürchtet, der Ausstieg der USA werde zu einem Dominoeffekt mit dem Rückzug weiterer Staaten führen, und will einen Kontrapunkt aus den USA setzen. Zu den Teilnehmern gehören Bürgermeister, Klimaexperten, Künstler, Prominente sowie regionale Umweltpolitiker aus China, Indien, Brasilien, Frankreich und Deutschland. Das offizielle Konferenzprogramm wird begleitet von Hunderten Nebenveranstaltungen.
Bereits vor der Trump-Ära hinkten die USA, nach China der weltweit zweitgrößte CO2-Emittent, ihrem umweltpolitischen Anspruch hinterher. Von einer Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 26 bis 28 Prozent bis zum Jahr 2025 war unter Obama die Rede. Aber wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass die USA maximal auf 20 Prozent kommen können, wahrscheinlich noch weniger.
Die Trump-Regierung setzt diesen bereits frustrierenden Voraussagen noch eins drauf. Neben dem Ausstieg aus dem Pariser Abkommen, der im November 2020 wirksam werden soll, verfolgt sie eine knallharte Deregulierung im Umweltbereich, die den Interessen der Kohle-, Gas- und Ölindustrie Priorität einräumt. So wird etwa der »Clean Power Plan« der Obama-Regierung schrittweise abgeschafft. Dazu schraubt Washington die Regelungen für treibstoffeffizientere Fahrzeuge zurück. Auf Bundesebene werden die für Umweltschutz zuständigen Behörden geschleift und mit Industrielobbyisten bestückt.
Als Kontrapunkt zu den Klimazerstörern in Washington schlagen US-Experten eine klimafreundliche Politik auf Ebene der Bundesstaaten sowie die Koordination regionaler Initiativen vor. Auf regionaler und städtischer Ebene tut sich einiges - so werden vielerorts die Umweltschutzrichtlinien verschärft, ein umweltfreundliches öffentliches Verkehrssystem geschaffen und eine energieeffiziente Bauweise gefördert. Insgesamt 16 Bundesstaaten haben sich in der von Kaliforniens Gouverneur Brown sowie dem Milliardär und Ex-Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, initiierten Erklärung »America’s Pledge« zu den Zielen des Pariser Übereinkommens bekannt. Es sieht die Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten vor.
Da Kalifornien, an seiner Wirtschaftskraft gemessen, als weltweit fünftgrößte Wirtschaft gelten würde, wenn es ein souveräner Staat wäre, ist seine Vorreiterrolle nicht nur symbolischer Natur. In punkto Klimaschutz gilt Kalifornien im weltweiten Vergleich zurecht als Vorreiter. Ein Emissionshandel setzt Unternehmen Obergrenzen, wie viel Treibhausgas sie ausstoßen können. Strengere Umweltschutzregeln sorgen mittlerweile dafür, dass sich fast 400 000 Elektro-fahrzeuge auf Kaliforniens Straßen bewegen. Im August verabschiedete das Parlament zudem ein Gesetz, wonach der Staat bis zum Jahr 2045 seinen gesamten Stromverbrauch aus erneuerbaren Quellen decken wird.
Gilt der Klimagipfel den Anhängern des »maximal Machbaren«, wie Gouverneur Brown sich darstellt, als ausgestreckter Mittelfinger für Trump, so kritisieren kalifornische Umweltinitiativen die offizielle Politik Browns als zu zaghaft und interessensgebunden. Hunderte Gruppierungen haben eine Aktionswoche gestartet, in der sie Brown mit Veranstaltungen und Demonstrationen zur Beendigung der Ölförderung mittels Fracking auffordern. »Browns Last Chance« (Browns letzte Chance), eine von den prominenten linken Umweltaktivisten Bill McKibben und Naomi Klein unterstützter Aufruf, wirft dem Gouverneur vor, Tausende neuer Ölbohrungen genehmigt und »über neun Millionen politischer Spendengelder von Sonderinteressen der Energieindustrie« erhalten zu haben.
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