- Wirtschaft und Umwelt
- Schlechte Ernte
Thüringer Klöße werden teurer
Kartoffelbauern befürchten eine sehr schlechte Ernte - auch im Freistaat
Heichelheim. Der Hitzesommer wird auf den Kartoffeläckern und in den Geldbeuteln der Knollenkäufer Spuren hinterlassen - auch in Thüringen. »Die Ernte wird eine Katastrophe«, sagte der Vorsitzende des Fördervereins Heichelheimer Kartoffel, Dietmar Barthel, der dpa. Er könne sich an kein vergleichbar schlechtes Jahr erinnern. Barthel geht von Ernteeinbußen von bis zu 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Vor einem Jahr waren laut Thüringer Bauernverband rund 81 700 Tonnen der Knollen aus der Erde geholt worden. Am Mittwoch begann in Heichelheim die Kartoffelernte, auch Ministerpräsident Bodo Ramelow und Agrarministerin Birgit Keller (beide LINKE) hatten sich angesagt.
Barthels Prognose für Thüringen fällt sogar schlechter aus als die für ganz Deutschland: Ende Juli hatte der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Indus-trie berichtet, dass bis zu 40 Prozent der Kartoffelernte ausfallen könnten und etwa Pommes Frites dadurch teurer werden könnten.
Auch in Thüringen werden Verbraucher laut Barthels wegen der schlechten Ernte mehr für ihre regionalen Kartoffeln zahlen müssen: »Hat der 2,5-Kilogramm-Sack vor einem Jahr etwa 1,79 Euro gekostet, wird er dieses Jahr wohl 2,79 Euro kosten.«
Wasser habe den Kartoffeln gefehlt, sagte Barthel. »Sie konnten nicht richtig wachsen und die Hitze hat sie zusätzlich gestresst.« Der fehlende Regen erschwere Betrieben ohne spezielle Beregnungsanlagen die Ernte. »Wenn die Erde nicht durchfeuchtet ist, ist es schwierig die Knollen unbeschadet aus dem Boden zu holen.« Beschädigte Knollen jedoch könnten weniger lange gelagert werden, sie faulten oder keimten eher.
Thüringer Kloßfans haben aber auch einen Grund zur Freude: »Die Kartoffeln haben jetzt mehr Stärke eingelagert - die hält die Klöße besser zusammen«, erklärte Barthel. Allerdings baut die hiesige Kloßproduktion längst nicht nur auf die im Freistaat geernteten Knollen. Unabhängig von den besonders schlechten Ernteaussichten für dieses Jahr sagt Anja Nußbaum vom Thüringer Bauernverband: »Mit den Erntemengen in Thüringen werden wir uns nicht selbst versorgen können.« In den Klößen landeten immer auch Kartoffeln aus benachbarten Bundesländern.
Doch auch dort sind die Ernteaussichten schlecht. »Wir erwarten eine der kleinsten Kartoffelernten, die wir jemals in Deutschland hatten«, sagte Martin Umhau von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) der dpa. Umhau zufolge drohen bei den Kartoffelpreisen Steigerungen von bis zu 30 Prozent.
Vor dem Auftakt der Kartoffelfachmesse PotatoEurope 2018, die am Mittwoch auf dem niedersächsischen Gut Bockerode in Springe begann, wies Umhau zudem auf verändertes Verbraucherverhalten hin. Angesichts des demografischen Wandels mit immer kleineren Familien ginge der Trend schon seit Jahren weg von der Speisekartoffel und hin zu verarbeiteten Produkten wie Kroketten oder Puffern, sagte der Kartoffelbauer aus der Nähe von Leipzig. Im Fokus von Europas größter Kartoffelmesse stehen die Dürrefolgen. Weitere Schwerpunktthemen der nach vier Jahren erneut in Deutschland stattfindenden PotatoEurope werden Züchtung, Düngung, Verarbeitung, Produktionstechnik, Pflanzenschutz und Handel sein. Knapp 240 Aussteller aus 14 Ländern haben nach Angaben der Organisatoren ihre Teilnahme zugesagt. Aus Niedersachsen kommen rund 40 Prozent der deutschen Kartoffelerzeugung. dpa/nd
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