AfD vorab über Verfassungsschutzbericht informiert?

Behördenchef traf offenbar Abgeordneten Brandner / Verfassungsschutz war stärker mit Breitscheidplatz-Attentäter befasst als bekannt

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Berlin. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat der AfD-Bundestagsfraktion einem Medienbericht zufolge Informationen aus dem Verfassungsschutzberichtes 2017 bereits Wochen vor dessen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner sagte dem ARD-Magazins »Kontraste«, Maaßen habe ihm bei einem persönlichen Treffen am 13. Juni dieses Jahres »Zahlen aus dem Verfassungsschutzbericht« genannt, der »noch nicht veröffentlicht« gewesen sei.

»Wir haben uns da über verschiedene Zahlen unterhalten, die da drinstehen«, sagte Brandner. Dabei sei es um sogenannte islamistische Gefährder und den Haushalt des Verfassungsschutzes gegangen. Der Termin lag etwa fünf Wochen vor der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gab zu dem konkreten Sachverhalt dem Bericht zufolge keine Stellungnahme ab. Die Behörde teilte »Kontraste« demnach auf eine Anfrage zu den Treffen Maaßens mit Brandner und anderen AfD-Abgeordneten lediglich mit, die Treffen des Verfassungsschutzpräsidenten mit Politikern fänden »auf ausdrücklichen Wunsch« des Bundesinnenministeriums statt. Das Ministerium habe auf eine entsprechende Anfrage bislang nicht geantwortet, berichtete »Kontraste« weiter.

Wenn das Innenministerium Maaßen tatsächlich solche Gespräche erlaube, habe es einem Beamten »einen Freibrief für politisches Handeln erteilt, den man so nicht hätte erteilen dürfen«, sagte der Staatsrechtler Professor Joachim Wieland dem ARD-Magazin. Maaßens Vorgehen lasse Zweifel »an der gebotenen politischen Neutralität« des BfV-Präsidenten aufkommen. Gerade der Behördenchef müsse schon den »bloßen Anschein« vermeiden, er agiere politisch.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Handeln auf. Das »Bild der direkten Politikberatung der AfD« durch Maaßen konkretisiere sich durch den Bericht.

Maaßen steht wegen mehrerer Treffen mit AfD-Politikern seit Wochen in der Kritik - ebenso wie wegen seiner umstrittenen Äußerungen zu den Vorgängen in Chemnitz. Er hatte die Echtheit eines Videos angezweifelt, das Angriffe auf Ausländer zeigt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält aber an dem Behördenleiter fest, während bei SPD und Opposition für seine Ablösung plädiert wird.

Verfassungsschutz war stärker mit Amri befasst als bekannt

Auch im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz, Anis Amri, gerät Maaßen immer weiter in die Schusslinie. Das Bundesamt für Verfassungsschutz war offenbar aktiver als von der Behörde behauptet. Behördeninterne Dokumente, die das ARD-Magazin Kontraste, der rbb und die Berliner Morgenpost einsehen konnten, zeigen, dass der Nachrichtendienst operative Maßnahmen veranlasste. BfV-Präsident Maaßen hatte dagegen stets von einem reinen Polizeifall gesprochen und betont, »keine eigene Informationsbeschaffung« betrieben zu haben.

Behördeninterne Dokumente ziehen diese Darstellung in Zweifel. Demzufolge wertete das BfV bereits im Februar 2016 Fotos eines Handys aus, das die Berliner Polizei bei einer Kontrolle von Amri beschlagnahmt hatte. Diese Fotos wurden auf Veranlassung des BfV laut einem internen Vermerk »geeignet erscheinenden Quellen«, also -V-Leuten, vorgelegt. Über die Vorlage dieser Fotos hatten bereits verschiedene Medien berichtet.

Unter dem Stichwort »Ergebnis der Lichtbildvorlage zum Umfeld des Amri« und mit dem Hinweis »Quellenschutz«, wurde am 7. März 2016 folgende Maßnahme angeregt: »Intensivierung der Beobachtungen zu Amri«. Das geht aus einem bisher unbekannten Vermerk des BfV zum weiteren Vorgehen der Behörde hervor.

Auf eine ausführliche Anfrage teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz nur mit, dass das BfV zu »operativen Belangen« nur den »zuständigen Gremien gegenüber« Auskunft erteile. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte mit: »Es gab keine Quelle im Umfeld des Amri.« Darüber habe das BfV die zuständigen Gremien wahrheitsgemäß informiert.

Die Grünen forderten angesichts der neuen Recherchen Konsequenzen. »Präsident Maaßen hat gelogen«, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic. »Was der Grund dafür ist, werden wir herauszufinden haben.« Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Renner, forderte erneut Maaßens Rücktritt. Agenturen/nd

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