Sachsens CDU wechselt den Fraktionschef
Krankheit zwingt Kupfer zur Aufgabe, Mackenroth folgt
Die CDU-Fraktion im sächsischen Landtag benötigt knapp ein Jahr vor der Landtagswahl einen neuen Chef. Der Torgauer Frank Kupfer, der das Amt nach der Wahl von 2014 übernommen hatte, legte es jetzt nieder. In zwei Wochen soll ein Nachfolger gewählt werden; auf Vorschlag von Kupfer und Ministerpräsident Michael Kretschmer will sich Geert Mackenroth bewerben, der im Moment Ausländerbeauftragter in Sachsen ist.
Kupfer gab für seinen überraschenden Rückzug gesundheitliche Gründe an. Nach eigenen Worten leidet der 56-Jährige an einer Depression, die sich trotz mehrerer Therapien nicht grundlegend gebessert habe. Das Amt als Chef der CDU-Fraktion mit ihren 59 Mitgliedern »überfordert derzeit meine Kräfte«, sagte Kupfer unter Verweis auf die anstehenden Verhandlungen zum Haushalt 2019/20 sowie einige Gesetze, die bis zur Wahl verhandelt werden müssen. Dazu gehört ein neues Polizeigesetz.
Kupfer gilt als ein prominenter Vertreter eines stramm konservativen Flügels in der Landes-CDU. Er attestierte den Sachsen, sie seien »konservativ in ihrer Grundhaltung, stolz auf das Erreichte und skeptisch vor dem Fremden«. Das sei, fügte er an, »aber auch ihr gutes Recht«. Über den Islam sagte er einmal, die muslimische Religion sei »keine Religion, die hier in Sachsen ihre Heimat hat«. Kupfer empfahl einen »gelebten Patriotismus« als hilfreich für Inte-gration und Heimatliebe als Mittel gegen »Fremd- und Selbsthass«. Für Spannungen in der Koalition mit der SPD sorgten seine Glückwünsche an den autoritären ungarischen Regierungschef Viktor Orban nach dessen Wiederwahl. Im Landtag zeigte er ein altbackenes Rollenverständnis, als er unlängst der LINKE-Finanzexpertin Verena Meiwald attestierte, ihr »hübsches Kleid« sei das »einzig Positive« an deren Rede zum Etat gewesen. In der Debatte um die Behinderung eines ZDF-Fernsehteams durch die Polizei am Rand einer Pegida-Kundgebung äußerte er sich abfällig über öffentlich-rechtliche Medien - in AfD-Manier, sagten Kritiker. Wenn es um eine mögliche Koalition zwischen CDU und AfD ab 2019 ging, wurde als Strippenzieher neben Landtagspräsident Matthias Rößler stets Kupfer genannt. Der könne im Zweifelsfall »sehr schnell sehr beweglich« sein, schrieb die »Frankfurter Rundschau«.
Wie der designierte Nachfolger Mackenroth sich in der Frage verortet, ist nicht klar. Immerhin: Um deftige Äußerungen war auch der aus Kiel stammende frühere Richter nie verlegen. Im Streit um die Dresdner Waldschlösschenbrücke warf er deren Gegnern einst »Brücken-Dschihadismus« vor. Der 62-Jährige kam einst nach Sachsen, um Justizminister zu werden; seit 2014 ist er Ausländerbeauftragter des Freistaats - ein Amt, dessen von Vorgänger Martin Gillo erarbeiteten guten Ruf er »nachhaltig ruiniert« habe, sagt die LINKE. Sie stichelt zudem, die CDU finde offenbar keine gebürtigen Sachsen als Führungspersönlichkeit mehr.
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