CO 2 -Preise bleiben zu niedrig

OECD mahnt schnelleres Tempo bei Energiewende an

  • Verena Kern
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Preise für das Treibhausgas CO2 sind in den Industrie- und Schwellenländern nach wie vor viel zu niedrig, um einen Anreiz für aktiven Klimaschutz zu setzen. Das hat die Industriestaatenorganisation OECD ihren Mitgliedern erneut ins Stammbuch geschrieben. Die Regierungen müssten die Preise für CO2 »deutlich schneller erhöhen«, fordert die Organisation. Andernfalls seien die Ziele des Pariser Klimaabkommens, zu denen die Länder sich verpflichtet haben, nicht zu erreichen.

Für ihre aktuelle Studie zum Thema hat sich die OECD die Kohlenstoffpreise von 42 Staaten angeschaut, die ihr selbst oder der G20 angehören. Gemeinsam repräsentieren diese Industrie- und Schwellenländer immerhin 80 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Das Papier wurde am Dienstag in Paris vorgestellt. Ergebnis: Zwischen dem heutigen CO2-Preis und den Kosten, die der Ausstoß des Klimagases der Gesellschaft aufbürdet, klafft eine riesige Lücke. »Diese Kluft ist inakzeptabel«, schimpft OECD-Generalsekretär Angel Gurría. »Wenn Kohlenstoff angemessen bepreist wird, ist das eine handfeste und kosteneffiziente Art und Weise, den Klimawandel zu begrenzen. Doch wir nehmen diese Chance nicht wahr und verlieren kostbare Zeit.«

In die Studie sind neue Daten über handelbare CO2-Emissionsrechte und Steuern auf Kohlenstoff sowie den Verbrauch fossiler Energien eingeflossen. Aus diesen Daten hat die OECD den effektiven Kohlenstoffpreis in den jeweiligen Ländern errechnet und zu den Kosten, die dafür fällig werden, in Beziehung gesetzt. Die Kosten kalkuliert die Organisation mit 30 Euro pro Tonne CO2. Das ist jedoch die absolute Unterkante. Laut der »High-Level Commission on Carbon Prices«, die von den bekannten Ökonomen Nicholas Stern und Joseph Stiglitz geleitet wurde, müssten die Preise deutlich höher liegen, um die Ökonomie »in Richtung Paris« zu bringen - nämlich schon bei 40 bis 80 Dollar im Jahr 2020 und sogar bei 50 bis 100 Dollar im Jahr 2030.

Legt man, so wie die OECD, 30 Euro pro Tonne CO2 zugrunde, beträgt die Lücke zum effektiven CO2-Preis derzeit gut 76 Prozent. Besonders eklatant ist die Diskrepanz im Industriesektor; dort beträgt sie 91 Prozent. Im Stromsektor sind es 80 Prozent. Am besten schneidet noch der Verkehr ab, hier tut sich eine Lücke von 21 Prozent auf, da viele Länder Mineralöl besteuern. Auch zwischen den Ländern gibt es große Unterschiede. Sie reichen von einer Lücke von 100 Prozent bei Russland bis zu nur 27 Prozent beim Spitzenreiter Schweiz. Deutschland liegt mit 53 Prozent im Mittelfeld.

Allerdings hat sich in Deutschland, wie die Studie zeigt, seit 2012 keinerlei Verbesserung ergeben, die Lücke ist seitdem gleich geblieben. Anders sieht es aus, wenn man alle 42 untersuchten Länder zusammennimmt. Da zeigt sich, dass die CO2-Preislücke langsam schrumpft. Im Jahr 2012 betrug sie noch 83 Prozent. 2015 lag sie bei 79,5 Prozent. Nun ist sie nochmal um drei Punkte zurückgegangen. Das sei eine gute Entwicklung, lobt die OECD. Doch zugleich warnt die Organisation: »Steigen die CO2-Preise weiter im gleichen Tempo, dann werden sie erst 2095 den realen Kosten entsprechen.«

Für die Ziele des Paris-Abkommens ist das definitiv zu langsam. Dort ist vereinbart, dass 2050 Klimaneutralität erreicht sein soll. CO2-Emissionen dürfte es dann nicht mehr im großen Stil geben. Die OECD drängt deshalb auf mehr Tempo: »Es sind schnellere Maßnahmen erforderlich.« Mit der Dekarbonisierung müsse jetzt sofort angefangen werden; das sei »unbedingt erforderlich«.

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