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Die unendliche Vergabe

Das Kammergericht entscheidet diesen Donnerstag über Verfahren zum Stromnetz

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wenn das Kammergericht den Rügen von Vattenfall am Vergabeverfahren stattgibt, dann müssten die Bewerber ihre Gebote im Lichte geänderter Kriterien modifizieren.« Das hätte eine »vieljährige Verzögerung« zur Folge. So beschreibt Hartmut Gaßner von BürgerEnergie Berlin das Worst-Case-Szenario. Bereits 2011 hatte sich die Genossenschaft gegründet, um am Vergabeverfahren für das Stromnetz teilzunehmen. Derzeit wird es von der Vattenfall-Tochter »Stromnetz Berlin« übergangsweise betrieben, obwohl der Konzessionsvertrag bereits 2014 ausgelaufen ist. BürgerEnergie will das Netz zusammen mit einem landeseigenen Unternehmen betreiben und so für mehr Erneuerbare Energien im Berliner Strommix und gesellschaftliche Einbindung zu sorgen.

Doch als Vattenfall im April 2017 rund 200 Punkte des Kriterienkatalogs für die Vergabe rügte, war klar, dass ein Abschluss des Verfahrens in weite Ferne rückte. Im Herbst 2017 erkannte das Landgericht die Rügen als unbegründet an, diesen Donnerstag wird die Berufung verhandelt. Wenn auch diese abgewiesen wird und das Vergabeverfahren weiterlaufen kann, könnte der schwedische Energiekonzern erneut klagen, falls er nicht zum Bestbieter auserkoren wird.

Für Christoph Rinke, Vorstand der BürgerEnergie Berlin, ist klar: »Vattenfall verzögert seit anderthalb Jahren die Vergabeentscheidung.« In dieser Zeit habe der Konzern weiter prächtig an den Netzentgelten verdient. »Millionengewinne, die andernfalls in die nachhaltige Energieversorgung unserer Stadt hätten investiert werden können«, beklagt Rinke.

Dabei haben die Teilnehmer des knapp am Quorum gescheiterten Volksentscheids 2013 klar für eine Rekommunalisierung mit genossenschaftlicher Beteiligung votiert. Ein Modell, für das sich auch die Enquetekommission des Abgeordnetenhauses ausgesprochen hat und das so im Koalitionsvertrag verankert ist.

Einen Zeitplan möchte die Senatsfinanzverwaltung als zuständige Vergabestelle nicht nennen. Der Zeitpunkt der Endgültigkeit der Vergabeentscheidung sei »von diesbezüglichen Handlungen der Protagonisten abhängig, die von hier aus nicht eingeschätzt werden können«, heißt es. Allerdings erwarte man »die Bestätigung des landgerichtlichen Urteils, um mit der zügigen Auswertung der Bewerbungsunterlagen fortfahren zu können«. Sprecherin Eva Henkel betont außerdem, dass es dem Senat um Rechtssicherheit statt um Schnelligkeit gehe. Nur aus diesem Grund habe man das Rügeverfahren aus dem Energiewirtschaftsgesetz auch auf das laufende Stromnetz-Verfahren angewendet.

Angebote für den Betrieb des Netzes haben drei Bewerber abgegeben: Vattenfall mit dem Stromnetz Berlin, die BürgerEnergie Berlin eG und die landeseigene BerlinEnergie. Während Vattenfall sich sowohl allein, als auch mit einem Kooperationspartner beworben hat, will die Genossenschaft nur als Kooperationspartner dabei sein. BerlinEnergie hat bisher keine Aussage dazu getroffen.

Hartmut Gaßner macht keinen Hehl daraus, dass der Landesbetrieb sein Favorit für die Zusammenarbeit wäre. »Grundsätzlich sind wir bereit, mit allen zu reden, die eine vernünftige Energiepolitik in Berlin machen«. Ein Kooperationspartner Vattenfall wäre allerdings »schwer vorstellbar«. Dann wolle man sich mit »Know How und Kreativität« einbringen und einen finanziellen Anteil »von vielleicht sieben oder zehn Prozent« an einem gemeinsamen Unternehmen halten.

Während Vattenfall entspannt auf ein langes Verfahren blicken kann, ist dies ein Problem für die Aktiven bei der Genossenschaft. Dennoch betont Gaßner: »Wir haben nicht nur Warten auf Godot gemacht, sondern uns weiterentwickelt«, so habe man ein eigenes Ökostromprodukt entwickelt und sich für Mieterstrom in Berlin eingesetzt. Diesbezüglich sei man in vielversprechenden Gesprächen mit Baugenossenschaften.

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