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Die Lega hebelt Italiens Justiz aus
Für die Rückzahlung veruntreuter Staatsgelder hat die rechtspopulistische Partei acht Jahrzehnte Zeit
Nachdem die Lega jetzt auch in zweiter Instanz aufgefordert wurde, 49 Millionen Euro falsch deklarierter Wahlkampferstattungen an den Staat zurückzuzahlen, lenkt die Parteiführung unter Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini plötzlich ein. Denn in einem Deal mit der Staatsanwaltschaft von Genua hat Salvini eine Rückzahlung in Raten vereinbart - jährlich sollen etwa 600 000 Euro in den Staatssäckel fließen, in Form konfiszierter Parteispenden. Die Gesamtsumme würde damit in etwa acht Jahrzehnten beglichen sein ...
So ist es kein Wunder, dass sowohl Politiker der Opposition als auch Italiens Medien von einem ausgehebelten Urteil und einer verhöhnten Justiz sprechen. Derzeit befinden sich 130 000 Euro in den Kassen der Rechtspopulisten, damit könnte nicht einmal die erste fällige Rate von 2018 bedient werden. So wird seitens der Justiz schon erwogen, auch anderes Eigentum der Partei einzuziehen. Die Kritik an diesem Verfahren resultiert aus den italienischen Erfahrungen.
Nicht nur, dass es seit Ende des Zweiten Weltkrieges schon 64 verschiedene Regierungen gegeben hat, auch unzählige Parteien sind im Laufe der Jahrzehnte entstanden und ebenso wieder verschwunden. Die Lega selbst - noch mit dem Zusatz »Nord« - wurde erst 1989 gegründet. Wer kann heute schon sagen, ob diese politische Bewegung die kommenden 80 Jahre überstehen wird. Ein Konkurs wiederum würde die Rückzahlung aussetzen, und der Staat sieht das zwischen 2008 und 2010 veruntreute Geld nie wieder.
Ein Teil der Summe ist in Fonds angelegt worden, die in Luxemburg angesiedelt sind. Noch sind die Recherchen über die Höhe der im Großherzogtum versteckten Gelder nicht abgeschlossen. Die damals Beteiligten - Lega-Gründer Umberto Bossi und Schatzmeister Francesco Belsito - schweigen sich aus, um nicht auch noch wegen Geldwäsche vor Gericht zu geraten. Inwieweit die Luxemburger Sparkasse bereit ist, mit der italienischen Justiz zu kooperieren, müssen die aus Genua entsandten Beamten vor Ort klären. Für gewöhnlich ist das Bankgeheimnis heilig und die Zusammenarbeit gestaltete sich früher eher kompliziert.
Nach Auffassung einiger Beobachter scheint die ausgehandelte Ratenzahlung auch ein geschickter Schachzug der Lega-Führung zu sein, um eine Durchleuchtung der Finanzwege und -anlagen der Partei zu umgehen. Mit dem Deal zeigt die Lega einerseits Zahlungswilligkeit (und kann so nicht gepfändet werden). Andererseits fragt die Staatsanwaltschaft nicht nach, woher die Ratengelder stammen.
Dies, so vermutet die Wochenzeitschrift »l’Espresso«, sei das eigentliche Motiv Salvinis für diese Vereinbarung. Damit muss die Lega auch nicht offenlegen, in welchen Offshore-Geschäften - darunter ein großes internationales Konsortium - sie welche Mittel investiert hat. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich aber erst noch zeigen.
In Umfragen ist die Lega derzeit im Aufwind: Jeder dritte Wähler würde der rechtspopulistischen Partei seine Stimme geben. Sollten die vielfältigen Krisen, in denen sich die aktuelle Koalition befindet - Brücke von Genua, Haushalt, Flüchtlinge - zum Bruch führen, könnte Salvini bei einem nächsten Urnengang als unumschränkter Sieger hervorgehen und dann wie einst Berlusconi die Justiz ganz nach seinem Gusto umkrempeln. Darauf scheint er zu spekulieren.
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