Polizei setzt Baumhausräumungen fort

Aktivist*innen blockieren Bahngleise / Greenpeace-Gutachten: Rodung des Waldes derzeit unzulässig

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Kerpen. Im Braunkohlerevier Hambacher Forst setzen die Behörden die Räumung von Baumhäusern der Aktivisten fort. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums wurden am Montag die ersten Räumungsverfügungen nach dem mehrtägigen Moratorium ausgesprochen.

Mit der Wiederaufnahme der Räumung haben auch die Umweltaktivisten mit weiteren Aktionen begonnen. Die Kohlezufuhr in die Kraftwerke Neurath und Niederaußem sei unterbrochen. Acht Aktivisten hätten sich in beiden Richtungen unterhalb der Gleise im Braunkohlerevier verkettet, teilte ein RWE-Sprecher mit. Ein Lokführer habe Handzeichen bemerkt und rechtzeitig bremsen können. Die Polizei bestätigte Blockaden an insgesamt drei Stellen. Die Initiative »Zucker im Tank« twitterte, die Aktivisten hätten vier dicke Betonklötze und ein Betonfass genutzt. Das werde wohl dauern, bis die Gleise wieder geräumt seien.

Die Blockade habe zunächst einmal keine Auswirkungen auf den Kraftwerksbetrieb, stellte ein RWE-Sprecher fest: »Wir haben einen Vorratsbunker.« Die Blockade dürfe allerdings auch keine Ewigkeit dauern.

Nach dem Unfalltod eines 27 Jahre alten Journalisten hatte die Landesregierung die Räumung der Baumhütten am vergangenen Mittwoch vorerst gestoppt. Der 27-Jährige war in dem seit Jahren von Aktivisten besetzt gehaltenen Waldgebiet zwischen Köln und Aachen durch die Bretter einer mindestens 15 Meter hohen Hängebrücke gebrochen, die zwischen zwei Baumhäusern gespannt war. Er starb noch am Unglücksort. Die Landesregierung stoppte daraufhin die bis dahin laufende Räumung der Baumhütten im Wald. Sie betonte aber auch, dass es sich nur um einen vorübergehenden Räumungsstopp handele.

Gutachten: Rodung des Hambacher Walds derzeit unzulässig

Unterdessen legte die Umweltschutzorganisation Greenpeace ein Gutachten vor, wonach die von Energiekonzern RWE geplante Rodung im Hambacher Forst rechtlich unzulässig sei. Hauptbetriebsplan und Braunkohleplan würden die Erlaubnis zur Rodung an konkrete Auflagen binden, sagte die Verfasserin des Gutachtens, die Berliner Rechtsanwältin Cornelia Ziehm, am Montag in Berlin. Nur wenn es für den Betrieb des Tagebaus Hambach »erforderlich« beziehungsweise »unerlässlich« sei, dürfe der Energiekonzern RWE Bäume fällen.

Ein Lehrstück in Sachen Radikalisierung
7.500 Menschen waren am Sonntag im Hambacher Forst. Die Polizei bringt mit ihrer Taktik immer mehr Menschen dazu, sie zu ignorieren.

Beides ist laut der Rechtsanwältin nicht gegeben. Der Konzern selbst habe in einer Pressemitteilung vom 11. September eingeräumt, dass eine »betriebliche Notwendigkeit« zu roden erst ab dem 15. Dezember bestehe, sagte Ziehm. Zwar verfüge RWE über die grundsätzliche Befugnis durch die zuständige Bezirksregierung Arnsberg, den jahrhundertealten Forst zu roden. Das geltende Recht, das in jedem Umfang und zu jeder Zeit zu tun, existiere hingegen nicht.

Um die Rodung des Forstes aufzuhalten, hat Greenpeace zudem eine bergbauliche Stellungnahme des Beratungsunternehmens Plejades eingeholt. Laut den Bergbau-Experten lässt sich der Tagebaubetrieb weiterführen, ohne dafür schon jetzt das uralte Waldgebiet abzuholzen. Dazu müsste RWE den Abstand zwischen Waldgebiet und Tagebaukante reduzieren, auf der zweiten Sohle deutlich näher an die erste heranbaggern, wodurch die Tagebaukante länger bestehen bleiben könnte und verstärkt im nordöstlichen Teil des Tagebaus graben. Mit einer Kombination dieser drei Maßnahmen würde RWE genug Zeit gewinnen, um die Rodung im Hambacher Wald auf den Herbst 2019 zu verschieben, heißt es.

Das Waldstück im Kreis Düren zwischen Köln und Aachen gilt als Symbol des Widerstands gegen den Kohle-Abbau. RWE will dort in Kürze hundert Hektar Wald roden, die Hälfte des noch stehenden Waldgebiets. Für den 6. Oktober planen Umweltverbände eine große Demonstration. Agenturen/nd

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