Heiligenschein der Kanzlerin

Stefan Otto über den Zuspruch der Union bei Einwanderern

Die Unionsparteien sind bei Migranten laut einer Umfrage beliebter denn je. Ausgerechnet die Konservativen, die nach Kräften gegen Zuwanderung ätzen, die an deutsche Tugenden appellieren und diese auch von Einwanderern verlangen. Das befremdet natürlich. Gründe für diese scheinbar paradoxe Zuneigung liefert die Untersuchung von Migrationsexperten nicht.

Vermutlich gilt diese Sympathie eher der Kanzlerin Angela Merkel und weniger ihrem Gegenspieler, dem grantigen Innenminister Horst Seehofer. Womöglich haben viele Migranten Merkels liberale Haltung vor drei Jahren nicht vergessen, als sie der Aufnahme von Tausenden Flüchtlingen zustimmte. Offenbar ist es ihr »Wir schaffen das«, das nachhallt, auch wenn die Union längst einen Rechtsschwenk vollzogen hat. Schein und Sein müssen nicht übereinstimmen, Sympathien sind nicht immer rational zu erklären.

Die Gründe für die Popularität der Union sind vielschichtig und nicht nur an der Person der Kanzlerin auszumachen. Eine Rolle dabei mag auch das Erodieren des Arbeitermilieus spielen, einer SPD-Hochburg, dem sich viele Einwanderer zugehörig fühlen. Die Gesellschaft wird pluralistischer, der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt zusehends. Aufrufe der CSU, das deutsche Brauchtum zu pflegen, helfen da nicht weiter. Eine Kanzlerin, die nur zuguckt, freilich auch nicht.

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