Weltmeister im Bahnfahren

Nirgendwo sonst ist das Schienennetz so gut ausgebaut wie in der Schweiz

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Deutsche Bahn tut alles, um an die Börse zu kommen. Die Schweizerische Bahn tut alles für Ihre Kunden«, urteilte das Wirtschaftsmagazin »brand eins« vor einigen Jahren. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) setzen auf die flächendeckende Versorgung des Landes mit Schienenverkehr. Das Ergebnis: Mit 2277 Bahnkilometern pro Jahr je Einwohner sind die Schweizer Weltmeister im Zugfahren. Schweizer fahren im Schnitt doppelt so häufig mit der Bahn wie Bundesbürger. Fast jeder zweite Eidgenosse folgt dem SBB-Motto »Der Kluge reist im Zuge« als Stammkunde.

Die Anziehungskraft des Bahnwesens hat mehrere Gründe: Zum einen sind die SBB ein wichtiger Identifikationsträger, das heißt auch der Schweizer Investmentbanker ist stolz auf die Bahn - und nutzt sie. Zum anderen halten die Schweizer Bahnen ein engmaschiges Angebot vor - ergänzt um einen Taktplan, der Züge an Knotenpunkten vernetzt und sogar den Busverkehr integriert. Während hierzulande immer mehr Strecken stillgelegt werden, beherzigt die Geschäftsführung der SBB mit dem Ausbau des Regional- und Nahverkehrs ein ehernes Gesetz der Verkehrswissenschaft: Angebot schafft Nachfrage. Im Rahmen des »Bahn 2000«-Konzepts wurde der nun auch hierzulande diskutierte Taktfahrplan mit der Schließung von Doppel- und Vierspurlücken optimiert. Längst können Reisende an Knotenpunkten wie Basel, Bern, Genf oder Zürich im Stunden- oder Halbstundentakt binnen weniger Minuten umsteigen.

Professionelles Störungsmanagement, motiviertes Personal, moderne Zuggarnituren und transparente Tarife sind weitere Zutaten für den verlässlich wachsenden Verkehr auf dem (bezogen auf die Landesfläche) dichtesten Bahnnetz Europas. Die Schweizer Bahnkunden kennen keinen »Tarifdschungel«, der Fahrgäste und Bedienstete zu zeitaufwendigen Recherchen nach der preiswertesten Verbindung zwingt. Das den halben Fahrpreis gewährende Halbtax-Abonnement wird - gemessen an der Bevölkerungszahl - mehr als zehnmal so häufig abgesetzt wie die BahnCard 50. 480 000 Schweizer sind im Besitz eines Generalabonnements, einer universellen Mobilitätskarte, die auf allen Teilsystemen des öffentlichen Verkehrs gilt - einschließlich Bergbahnen, Schiffen, Postautolinien und lokalen Trams.

Die Erfolge des südlichen Anrainerstaats sind auch deshalb beeindruckend, weil die Schweiz sowohl unter klimatischen als auch unter topografischen Gesichtspunkten außerordentlich unvorteilhafte Bedingungen für den Bahnverkehr aufweist. Aufgrund der vielfach gewaltigen Höhenunterschiede, die im Streckenverlauf überwunden werden müssen, sind die meisten Investitionsprojekte, zum Beispiel die Alpentransversale, um ein Vielfaches kostspieliger als in Deutschland. Und dass ein Staatsunternehmen durchaus gut gemanagt werden kann, lässt sich daran ablesen, dass die SBB nach betriebswirtschaftlich verlustreichen Jahren ihre Leistungsbilanz zuletzt wieder steigern konnte. Höhere Erträge trotz insgesamt gesunkener Fahrpreise und das Effizienzprogramm »RailFit20/30« haben den Schuldendeckungsgrad auf 5,6 sinken lassen.

Kurzum: In der Alpenrepublik lässt sich beobachten, wie ein staatlich organisiertes Bahnsystem nahezu flächendeckend und mit breiter Akzeptanz seitens der Bevölkerung betrieben wird.

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