Sichere Radwege? Fehlanzeige

Das Projekt FixMyBerlin zeigt auf einer Karte im Internet, wo Zweiräder gut vorankommen

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Alexanderplatz ist orange bis dunkelorange eingerahmt: Die Legende am unteren Rand der Karte zeichnet die dunkelorangefarbenen Linien in Form heruntergezogener Mundwinkel: Hier sind die Straßen für Radfahrer sehr unsicher. Besonders schlecht ist der sogenannte Happy-Bike-Level auf der Karl-Liebknecht-Straße: 0,9 von zehn erreichbaren Punkten haben die Macher der Internetseite fixmyberlin.de der Straße gegeben, die nordwestlich am Fernsehturm vorbeiläuft. In Punkto Sicherheit kommt die Karl-Liebknecht-Straße auf eine glatte 0. Legt man den Schieber am unteren Rand der Internetseite nach rechts, wechselt die Ansicht. Nun werden Radwege gezeigt, die in Planung sind. Am Alexanderplatz ist allerdings Fehlanzeige.

110 Radverkehrsplanungen der kommenden Jahre an Hauptverkehrsstraßen aus acht der zwölf Berliner Bezirke haben die Entwickler der Webseite zusammengetragen. Die Nutzer können zwischen vier Planungsstufen wechseln: Radwege, die entstehen sollen, aber noch in der Konzeptphase sind, solche, die bereits in Planung sind, Radwege, die sich im Bau befinden und solche, die bereits fertiggestellt sind.

Anlass für die Karte, deren Entwicklung und Betrieb vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird, ist das Berliner Mobilitätsgesetz. Das soll dafür sorgen, dass Berlin attraktiver für Fahrradfahrer wird, indem die Hauptverkehrsstraßen für Radfahrer sicherer gemacht werden. Das heißt: Radwege überhaupt erst einrichten oder vorhandene beispielsweise auf zwei Meter verbreitern.

Das Projekt läuft bereits seit sieben Monaten, doch erst kürzlich veröffentlichten die Macher die Karte im Internet. Die erste Förderung läuft bereits aus, erklärt Mitinitiator Heiko Rintelen dem »nd«, die Bewerbung um eine Verlängerung der Förderung laufe. Auch mit der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr sei man im Gespräch.

Erste Ergebnisse zeigen: 758 Kilometer der 2900 Kilometer Berliner Hauptstraßen sind sehr sicher. Zum Teil sind die Radwege aber auch veraltet, beispielsweise, weil zu schmal auf Fußwegen entlangführend. 1097 Kilometer sind »okay«. 36 Prozent aller Hauptstraßen schneiden FixMyBerlin zufolge unter Sicherheitsaspekten allerdings schlecht (616 Kilometer) oder sogar sehr schlecht (422 Kilometer) ab. Insgesamt liegt der Happy-Bike-Index mit 5,61 im soliden Mittelbereich. Im Bezirksvergleich schneidet mit 6,55 Spandau am besten ab, Tempelhof-Schöneberg mit 5,01 und Neukölln mit 5,02 am schlechtesten.

Acht Bezirke haben bisher Daten eingereicht, wo sie neue Radwege planen oder alte verbessern wollen. Daten aus Lichtenberg, Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf fehlen noch.

21 Projekte kommen aus Treptow-Köpenick. Damit liegt der Bezirk auf Platz 1. In der Elsenstraße zwischen Kiefholzstraße und Am Treptower Park beispielsweise ist bereits ein neuer Radstreifen im Bau. Auf der Kiefholzstraße soll einer entstehen. Bis Ende 2018 soll die Machbarkeitsstudie vorgelegt werden.

Insgesamt sind von den 110 verzeichneten Radverkehrsplanungen 16 noch im Ideenstadium, 65 in der Planungsphase. 20 befinden sich im Bau und acht wurden bereits fertiggestellt. »Die Bezirke können den Planungsstand jederzeit mit einer einfachen E-Mail an uns aktualisieren«, sagt Heiko Rintelen dem »nd«. Das Projektteam selbst wolle etwa alle drei Monate die Bezirke um Updates bitten.

Das bundesweit erste Mobilitätsgesetz war am 28. Juni im Abgeordnetenhaus verabschiedet worden. Rot-Rot-Grün will damit die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verkehrswende in der Hauptstadt einleiten. Die Verkehrspolitik soll weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad und dem Fußverkehr. Bis 2025 soll der Autoverkehr nur noch 20 Prozent des Gesamtverkehrs ausmachen. Bis spätestens 2050 soll der motorisierte Verkehr zudem gänzlich klimaneutral sein.

Um das zu erreichen, soll ein lückenloses Radverkehrsnetz gebaut, zusätzliche Fahrradabstellplätze geschaffen und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. An Hauptstraßen soll es sichere Radwege geben, die breit genug sind zum Überholen, auch Fahrradschnellstraßen sowie ein Vorrangnetz für Busse, Bahnen und den Radverkehr sind geplant. Zudem sollen besonders unfallträchtige Kreuzungen umgebaut werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Angestoßen wurde das Mobilitätsgesetz ursprünglich durch den Volksentscheid Fahrrad, der an dem Gesetz von Beginn an mitgearbeitet hatte.

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