Den Opfern die Würde wiedergeben

  • Ronald Friedmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Entscheidung, die sterblichen Überreste des früheren spanischen Diktators Francisco Franco aus der Basilika im »Tal der Gefallenen« zu entfernen, machen es aus Sicht der Linkspartei Podemos erforderlich, nun weitere Schritte zu gehen. Diese waren Thema einer Veranstaltung in Madrid am vergangenen Freitag. Es gehe, so Podemos, dabei nicht um »Versöhnung« mit den Tätern, sondern um Gerechtigkeit für die Opfer der vier Jahrzehnte Franco-Diktatur und die überlebenden Angehörigen. Das Thema bewegt die spanische Öffentlichkeit seit Monaten. Mit dem Amtsantritt der sozialistischen Regierung im Juni, so heißt es in einem Diskussionspapier von Podemos, haben die Auseinandersetzungen um die Zukunft des Franco-Grabmals eine neue Etappe erreicht. Neben der Exhumierung soll eine hochrangige »Kommission für das Historische Gedenken« in der Verantwortung des Justizministers geschaffen werden.

Gebeine von 50 000 Menschen

Ziel müsse es nun sein, so Podemos, den Opfern ihre Würde wiederzugeben. Deshalb sei es notwendig, nicht nur Franco zu exhumieren, sondern die spanische Gesellschaft endgültig vom Franquismus zu befreien, dessen monumentales und unübersehbares Symbol das Grabmal im Valle de Cuelgamuros sei. Für alle Entscheidungen bezüglich des Grabmals müsse daher nicht nur eine parlamentarische, sondern auch und vor allem eine gesellschaftliche Mehrheit gefunden werden.

Die Angelegenheit ist auch deshalb sensibel, weil in der gewaltigen, in einen Fels getriebenen Basilika nicht nur Franco und Primo de Rivera, der Begründer der spanischen faschistischen Bewegung, begraben sind, sondern insgesamt nahezu 50 000 Menschen, die laut Podemos zu mindestens drei Kategorien gehören. Erstens die rund 12 000 namenlosen Opfer der Diktatur, die dort in den vergangenen Jahrzehnten anonym und ohne Wissen und Zustimmung ihrer Angehörigen beigesetzt wurden, nachdem ihre sterblichen Überreste aus einem der zahllosen Massengräber geborgen wurden, die es bis heute überall in Spanien gibt. Zweitens die Zwangsarbeiter, die während des Baues der Anlage starben. Und schließlich die etwa 34 000 während des Bürgerkriegs »gefallenen« Anhänger Francos, von denen etwa 21 000 bereits namentlich bekannt sind. Alle Toten, so die Forderung von Podemos, sollten exhumiert und durch Gerichtsmediziner identifiziert werden. Über die Beisetzung sollten die Angehörigen entscheiden.

Gedenken an die Opfer statt profaschistischer Wallfahrtsort

Die Grabanlage selbst, so Podemos, solle nicht zerstört, sondern in einen Gedenkort für die Opfer des Franquismus umgewandelt werden. Dazu sei es erforderlich, die Basilika zu entweihen und zu schließen, alle Symbole des Franquismus müssten aus der Anlage entfernt werden. Lediglich das gigantische Kreuz über der Anlage - 152 Meter hoch und 46 Meter breit - müsse abgetragen, die Trümmer sollten in einem neuen Mahnmal wiederverwendet werden. Die Mittel für diese Vorhaben könnten durch die zweckgebundene Enteignung der Francisco-Franco-Nationalstiftung oder anderer vergleichbarer Einrichtungen, die sich der Verklärung der Diktatur verschrieben haben, aufgebracht werden. Keinesfalls sei es akzeptabel, dass die Erhaltung des größten profaschistischen Wallfahrtsortes in Europa weiterhin aus Staatsmitteln finanziert werde.

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