Hanfbar-Chef wegen Tees in U-Haft

Braunschweiger Ladenbetreiber: Legale Mischung

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

»Green Happiness« - grünes Glück - verheißt das Etikett auf dem mit 40 Gramm Tee gefüllten braunen Tütchen. Zur würzigen Mischung zählen Minze, ein bisschen Mate und auch Zitronengras. So weit, so harmlos. Wäre da nicht noch ein weiterer, dominierender Anteil des Gemenges: Hanfblüten und -blätter. Hanf! Eine Pflanze, deren Erwähnung bei Ordnungshütern sogleich die Alarmglocken schrillen lässt: Cannabis droht! Und so traten denn Polizei und Staatsanwaltschaft auch sogleich in Aktion, als sich vor wenigen Monaten in Braunschweig, Niedersachsens zweitgrößter Stadt, zwei Läden mit dem Namen »Hanfbar« auftaten und neben dem »Grünen Glück« weitere Tees mit Teilen der verdächtigen Pflanze und andere Hanfprodukte anboten.

Hanf - und dann auch noch »Bar«: Das mag im braven Beamten womöglich das Bild einer Kifferhöhle wachrufen. Und so rückten denn schon zur Eröffnung der Novität im Braunschweiger Einzelhandel Polizisten an, durchsuchten mehrmals die Geschäftsräume, beschlagnahmten Tees und andere Waren.

Grund für die Aktion laut Staatsanwalt: Es habe einen Hinweis gegeben, dass die Hanfbar-Leute mit Betäubungsmitteln handeln. Ermittlungen gegen den Inhaber begannen, dauerten offensichtlich geraume Zeit. Denn erst jetzt, kurz vor dem Wochenende, ist der Betreiber festgenommen worden, sitzt seither in Untersuchungshaft. »Wegen Wiederholungsgefahr«, heißt es - er könnte ja die Tees und andere hanferne Leckereien weiter verkaufen.

Unrechtmäßig sei er eingesperrt worden, meinen gut 8000 Unterzeichner einer Eingabe, die sie an den Petitionsausschuss des Bundestages, das Justizministerium in Berlin und an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) richten. Der Hanfbar-Mann möge sofort freigelassen werden, heißt es in dem Scheiben, und die Politik solle endlich Rechtssicherheit hinsichtlich des Vertriebs von Nutzhanf und dessen Verkauf an Verbraucher schaffen.

Die derzeitigen Formulierungen des Betäubungsmittelgesetzes, so die Petitenten, seien schwammig, Deshalb gebe es zwischen dem Anwalt des Barbetreibers und der Staatsanwaltschaft unterschiedliche Auslegungen dieser Rechtsvorschrift in punkto Cannabis. Der Verhaftete betont: Alle Lebensmittel im Geschäft, neben den Tees auch Hanfkrem, Hanfpesto, Smoothies sowie Snacks hätten ausschließlich Nutzhanf zur Grundlage. Dessen Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC), dem berauschenden Stoff im Hanf, liege unter 0,2 Prozent, und deshalb dürfe er in Deutschland legal angebaut und verwertet werden. Keines der Produkte, die in der Hanfbar zu haben sind, mache bekifft.

»Völlig unabhängig vom Wirkstoffgehalt«, so die gegenteilige Ansicht der Staatsanwaltschaft, sei der Handel von Pflanzen oder Pflanzenteilen »der Gattung Cannabis« strafbar. Das sei besonders für den Vertrieb und Lebensmitteln und Getränken relevant. Die 0,2-Prozent-Regelung gelte nur dann für Cannabis, wenn der Stoff »gewerblich oder wissenschaftlich« verwertet wird. Zum Hintergrund erläutert die Behörde: Hanf solle zwar industriell und energetisch als Rohstoff erschlossen werden, zugleich aber wolle der Gesetzgeber verhindern, dass die Bevölkerung »mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken versorgt werden kann«. Ob entsprechende Lebensmittel Rauschzwecken dienen sollen, sei dabei völlig unerheblich.

Im übrigen treffe die Angabe des Hanfbar-Inhabers zum THC-Gehalt in der Hälfte der beschlagnahmten und danach untersuchten Stoffe nicht zu, bemerkt die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitheilung. »Teilweise wurden Wirkstoffgehalte bis zu 0,57 Prozent festgestellt«, ist dort zu lesen. Aber für die Frage der Strafbarkeit komme es auf diesen Gehalt ja ohnehin nicht an.

Der Rechtsanwalt des Hanfbar-Betreibers hat Haftbeschwerde eingelegt. Über sie muss nun das Braunschweiger Landgericht entscheiden. Vermutlich geschieht das innerhalb der kommenden zwei Wochen.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -