Zweifelhafter Anwalt der Patienten

Auch Gesundheitsexperten wenden sich wegen fehlender Qualität in der Beratung gegen die UPD

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Einige Zeit herrschte relative Ruhe um die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) gGmbH. Doch die Zweifel an deren Unabhängigkeit, die es schon 2015 anlässlich der Vergabe des Projektes an das Duisburger Unternehmen Sanvartis gab, lebten wieder auf, nachdem es in diesem Sommer zu einem Eigentümerwechsel kam.

Sanvartis ist ein privater Gesundheitsdienstleister, der zum Beispiel Facharzttermine vermittelt, für Krankenkassen Callcenter betreibt und auch für Pharmafirmen aktiv ist. Sanvartis gewann die Ausschreibung, die 2015 durch den früheren Patientenbeauftragten der Bundesregierung Karl-Josef Laumann (CDU) ausgelöst wurde.

Nun wurde in diesem Sommer sowohl die UPD gGmbH als auch die Mutterfirma an die neu gegründete Careforce Sanvartis Holding GmbH verkauft. Deren Umsatz soll bei rund 100 Millionen Euro liegen, die Zahl der Mitarbeiter bei insgesamt 1300. Wegen dieser geschäftlichen Verbindung stellten einige Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen die Unabhängigkeit der UPD in Frage, vor allem die vermutete (nun noch stärkere) Nähe zur Pharmaindustrie finden sie bedenklich. In dieser Frage gab es einen Briefwechsel zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und den Krankenkassen. Unter dem Strich kam heraus, dass die UPD inzwischen letztendlich zu einem Hedgefonds gehört, der sein restliches Geschäft mit Pharmareferenten macht, Vertretern also, die Ärzte und Kliniken von bestimmten Medikamenten überzeugen sollen. Auf den Trägerwechsel wurde die Bundesregierung erst durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Maria Klein-Schmeinck aufmerksam.

Außer diesem Eigentümerwechsel wird fehlende Transparenz bei der Verwendung von Fördergeldern beklagt, und zwar geht es um Millionenbeträge. So wurde die Förderphase der UPD nach Übergabe an Sanvartis von fünf auf sieben Jahre verlängert. Die Zuschüsse des Bundesgesundheitsministeriums belaufen sich auf neun Millionen Euro jährlich.

Noch keine abschließende Bewertung gibt es zur Qualität der Beratung, so jedenfalls CDU-Staatssekretär Thomas Gebhart. Der Gesundheitsausschuss des Bundestages fasste vor einer Woche den Beschluss, UPD-Vertreter zu dieser Problematik zu einzuladen und zu befragen.

Zweifel an der Qualität der Beratung haben inzwischen jedoch sogar sechs Gesundheitsexperten angemeldet, die wissenschaftliche Mitglieder des UPD-Beirates sind. Ihre Bedenken brachten sie in einem Brief an Ralf Brauksiepe (CDU), den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, zum Ausdruck. Sie beanstanden »gravierende Mängel« und sachlich falsche Gesundheitsinformationen. Patienten würden schon auf der UPD-Homepage über den Nutzen von Behandlungen in die Irre geführt, hier gebe es weder sprachlich noch inhaltlich gute medizinische Informationen. Auch mit der Qualität der Beratungsgespräche sei man unzufrieden. Die Beiratsmitglieder hätten wiederholt vergeblich versucht, auf die UPD einzuwirken.

Der für die UPD zuständige GKV-Spitzenverband hält die Qualitätsmängel bislang nicht für systematisch, sie sollten spätestens nächstes Jahr beseitigt sein. Laut einer aktuellen Untersuchung des Prognos-Institutes zur UPD wurde auch in der Quantität noch nicht geliefert, die vorgesehene Zahl von 222 500 Beratungen pro Jahr nicht erreicht. Bei Testfragen habe es zudem in der Hälfte der Fälle »sachlich falsche (Detail-)Antworten« gegeben.

Zwischen 2006 bis 2015 wurde die UPD gemeinsam vom Sozialverband VdK, dem Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Verbund unabhängige Patientenberatung betrieben. Dann entschied sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung für eine Neuvergabe. Die UPD ist die einzige Anlaufstelle für Patienten mit gesetzlichem Auftrag. Besonderes Gewicht kommt ihr zu, weil mit den Krankenkassen, den Pharmaherstellern, Ärzten und Kliniken mächtige Gruppierungen für ihre Interessen kämpfen.

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