Politiker werben um Ostdeutsche

Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin / Ramelow fordert mehr Respekt für Lebensleistungen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Am 28. Jahrestag der Deutschen Einheit hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble einen neuen Patriotismus ausgerufen. Der CDU-Politiker sagte am Mittwoch bei einem Festakt in Berlin, dass »Selbstvertrauen, Gelassenheit, Zuversicht« den »Dreiklang eines zeitgemäßen Patriotismus« bildeten. Ohne die Lage der zahlreichen sozial Abgehängten in dieser Gesellschaft einzubeziehen, meinte Schäuble, dass es »Deutschland« zurzeit gut gehe. Trotzdem dominiere der Pessimismus, beklagte er mit Blick auf den Rechtsruck hierzulande.

Kämpferischer äußerte sich Bundesratspräsident Michael Müller (SPD). »Wir dürfen nicht zulassen, dass die Minderheit einer neuen Rechten die Deutungshoheit über das Erreichte an sich reißt und dabei die Grundwerte unserer Gesellschaft missachtet«, sagte der Regierende Bürgermeister Berlins. »Dem müssen wir Einhalt gebieten.« Es sei Zeit, offen und laut für unsere Grundwerte einzustehen, so Müller. Diese seien Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität.

Neben dem Erstarken rechter Kräfte wie der AfD war der Umgang mit den Ostdeutschen ein zentrales Thema der Spitzenpolitiker. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sprach sich im Unterschied zu vielen seiner Parteikollegen für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Einigungsprozess aus. »Dies kann helfen, emotionale Wunden zu heilen«, sagte der CDU-Mann gegenüber der dpa. Brinkhaus konstatierte, dass viele Ostdeutsche nach 1990 nicht fair behandelt worden sind. Dies sei lange nicht genügend beachtet worden.

Ähnliches war vom Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow zu hören. Der LINKE-Politiker forderte mehr Respekt für die Leistungen der Ostdeutschen. So wichtig es sei, in einer gesamtdeutschen Anstrengung den noch vorhanden Rückstand des Ostens aufzuholen, so überfällig sei ein Mentalitätswechsel, »der endlich die wirtschaftlichen Leistungen und die Innovationskraft des Ostens als Bereicherung würdigt«, erklärte Ramelow nach Angaben der Staatskanzlei.

In diesem Jahr richtete Berlin die zentralen Feierlichkeiten zum Einheitstag aus. Auf einem sogenannten Bürgerfest rund um Brandenburger Tor und das Reichstagsgebäude stellten sich die Bundesländer vor. Dort gab es zudem Konzerte und Diskussionsrunden.

Anlässlich der Feiern in der Bundeshauptstadt versammelten sich laut Polizei mehr als 1000 Rechte zu einer Demonstration. Darunter waren viele NPD-Anhänger und Hooligans. Der anschließende Demonstrationszug durch den Bezirk Mitte stand unter dem Motto »Tag der Nation«.

Entlang der geplanten Aufmarschroute gab es Gegenproteste von Anwohnerinitiativen sowie linken und bürgerlichen Bündnissen. Bei allen Veranstaltungen gab es starke Sicherheitsvorkehrungen. Die Polizei war mit rund 4000 Beamten im Einsatz, Teile der Berliner Innenstadt waren abgesperrt. Mit Agenturen Seite 9

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