Was bei der Bahn schief läuft
Bundesrechnungshof: Gewinnmaximierung verträgt sich nicht mit verlässlichem Schienenverkehr
Privatisierungsgegner und Kritiker der Deutschen Bahn haben am Wochenende Zuspruch von ungewohnter Seite bekommen. Das Konzept »Gewinnmaximierung und weltweite Unternehmensbeteiligungen« vertrage sich nicht mit dem Auftrag des Bundes, »verlässliche Schienenmobilität für die Bürger sicherzustellen«, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Wochenende. Der Staat müsse seiner Aufgabe als Eigentümer und Aufseher über die Geschäfte der Bahn besser gerecht werden.
»Bei der Bahn läuft einiges schief«, so Scheller weiter. Der Erneuerungs- und Finanzierungsaufwand sei enorm, sprach der Rechnungshofchef aktuelle Probleme wie die zunehmende Unpünktlichkeit der Züge und das marode Schienennetz an: »Die Infrastruktur wurde jahrelang auf Verschleiß gefahren.«
Die Kritik an der Bahn ist nicht neu. »Das Schienennetz wurde deutlich abgebaut. Der Zustand der Schieneninfrastruktur hat sich deutlich verschlechtert«, schrieb das Bündnis »Bahn für Alle« Anfang des Jahres in seinem »Alternativen Geschäftsbericht«. Darin listen die Aktivisten eine Reihe von Beispielen auf, bei denen es zu erheblichem Missmanagement kam.
Zu diesen zählen sie die Totalsperrung eines Schienenstrangs bei Rastatt in Baden im Sommer 2017, weil dieser um bis zu einem halben Meter absackte. »Aufgrund der Totalsperrung wurden über Wochen täglich 20 000 Fahrgäste mit Bussen hin- und hergekarrt und mussten erheblich längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. 200 Güterzüge pro Tag mussten riesige Umwege fahren«, schrieb »Bahn für Alle«. Zudem kritisiert das Bündnis, dass viel zu viel Geld in Prestigeprojekte gesteckt werde, etwa in den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs.
Zwar ist die Deutsche Bahn eine Aktiengesellschaft, doch gehört sie zu 100 Prozent dem Bund. Eine vom damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn angeschobene Privatisierung des Konzerns wurde letztlich auch durch die Finanzkrise 2007/8 verhindert. Diese Bestrebungen kritisiert im Nachhinein nun auch Bundesrechnungshofchef Scheeler: »Die Privatisierung der Bahn war mit der Hoffnung verbunden, sie zu einer Art Cashcow zu machen.« Sie habe regelmäßig Überschüsse erwirtschaften und an den Bundeshaushalt abführen sollen. »Das hat bekanntermaßen nicht funktioniert«, so Scheller.
»Die Bahn muss als staatliches Unternehmen mit öffentlichen Beihilfen endlich Bürgerbahn statt Börsenbahn sein«, forderte der Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Fabio De Masi, anlässlich der Kritik des Bundesrechnungshofchefs. Unter der Gewinnmaximierung und der Expansion als »Logistik-Multi« leide Pünktlichkeit und die Mobilität ganzer Regionen - mit negativen volkswirtschaftlichen Effekten. »Die Bahn hat die Infrastruktur viel zu lange auf Verschleiß gefahren«, sagte auch De Masi. Die Äußerungen Schellers sind für ihn eine »schallende Ohrfeige für die Bundesregierung«.
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