»Auch Frauen können stark sein«

Armdrücken hat in Libanon ein lange Tradition. Nun durften erstmals auch Frauen in einem landesweiten Wettbewerb antreten

  • Henning Kampen, Jounieh
  • Lesedauer: 3 Min.

Starke Stimme, starke Arme und eine tief verwurzelte Tradition: Teresa Bassil sieht nicht gerade so aus, als hätte sie beim Armdrücken auch nur die Spur einer Chance. So wie jüngst beim ersten landesweiten Wettbewerb in der Nähe der Hauptstadt Beirut. Die 16-jährige Libanesin wirkt eher schmächtig, eine dünne Kette ziert ihren Hals. Doch am Tisch wird aus der kleinen Teresa eine große. Der Teenager war von den Konkurrentinnen im 50-köpfigen Feld an diesem Tag nicht zu bezwingen. Doch in der Stunde des Triumphes dachte Teresa nicht nur an sich. Ihr war es ebenso wichtig, eine Botschaft an die Frauen dieser Welt zu senden. »Stärke ist nicht nur eine Männersache. Auch Frauen können stark sein«, sagte Bassil und nahm ihren Pokal entgegen.

Mit ihrer Position stand die junge Frau beim Wettkampf am Strand von Jounieh nicht alleine da. »Ich kam hierher, um zu zeigen, dass Frauen an diesem Sport teilnehmen können, ohne dabei weniger feminin zu sein«, sagte Amany Abi Khalil. Bekannte der 22 Jahre alten Theaterwissenschaftlerin seien von ihrer Entscheidung überrascht gewesen, doch »meine Eltern und meine Freunde haben mich unterstützt«, sagte Abi Khalil.

Es war das erste Mal, dass Frauen auf nationaler Ebene gegeneinander antraten. Erst im vergangenen Jahr wurde der eigene Verband gegründet und hat schon jetzt mehr als 750 Mitglieder. »Armdrücken ist in der libanesischen Tradition verwurzelt. Wir haben es von unseren Großeltern geerbt. Es ist unsere Pflicht, dies zu bewahren«, sagte Karim el-Andary, Präsident des libanesischen Armwrestlingverbandes WAF.

Bereits im 19. Jahrhundert zeigten Männer in Dörfern im ganzen Land ihre Stärke, indem sie sich am Tisch duellierten oder Steine stemmten, um zu sehen, wer über das größere Durchhaltevermögen verfügt. »Es war sowohl ein spielerischer Zeitvertreib als auch eine Möglichkeit, Streitigkeiten in Dörfern zu lösen, ohne Blut zu vergießen«, sagte Maroun Khalil, Leiter der libanesischen Föderation für Kulturerbe und traditionellen Sport.

Im Libanon haben nun auch Frauen offiziell die Möglichkeit, die alte Tradition fortzuführen. Claudine Aoun, Leiterin der Nationalen Kommission für libanesische Frauen, beobachtete den Wettbewerb vor Ort und bezeichnete ihn als »eine Botschaft«, dass Frauen »in Bereichen arbeiten können, die zuvor mit Männern assoziiert worden waren«.

Eine Hoffnungsträgerin der Bewegung ist Teresa Bassil. An die Berühmtheit ihrer Landsfrau Andrea Paoli, die 2012 als libanesische Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London ins Stadion einlief, wird sie wohl nicht herankommen. Doch das ist ihr nicht wichtig. Teresa kommt es vor allem auf ihre Botschaft an. Und die ist stark, so wie ihre Arme. SID/nd

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