»Gute Nacht statt Fluglärm«

Hessen: Die Gegner der Airport-Erweiterung in Frankfurt mischen sich in den Wahlkampf ein

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 28. Oktober wird im schwarz-grün regierten Hessen ein neues Landesparlament gewählt. Im Rhein-Main-Gebiet spielen in der heißen Phase des Wahlkampfes die Reizthemen Fluglärm und Flughafenausbau eine wichtige Rolle. So wollen die organisierten Gegner der Airport-Erweiterung am 21. Oktober ab 12.05 Uhr am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen mit einer Demon-stration an den siebten Jahrestag der Inbetriebnahme der umstrittenen Nordwestlandebahn erinnern. Dem Bau musste damals ein großes Waldstück weichen.

»Seitdem liegen circa 1600 Quadratkilometer unter einem Lärm- und Schadstoffteppich, der schwere Gesundheitsschäden bei den Anwohnern verursacht. Immer mehr Risikofaktoren des Luftverkehrs wie Ultrafeinstaub kommen ans Licht«, heißt es im Aufruf. Wenn der Luftverkehr als größte Lärm- und Schadnun zum Klimakiller Nummer eins geworden sei, dann mische der Frankfurter Flughafen dabei dank der hessischen Politik kräftig mit. CDU, SPD und FDP stünden »für eine jahrzehntelange Scheuklappenpolitik, die davon ausgeht, dass alles was für den Flughafen gut ist, auch den Menschen in der Region zu Gute kommt«, stellen die Gegner des Flughafenausbaus fest. Auch die Grünen hätten »nichts aus ihrer Regierungsbeteiligung und ihrer ungeheuren Machtfülle - Verkehrsminister und Umweltministerin, Umweltdezernentin in Frankfurt am Main, Regierungspräsidentin in Darmstadt - gemacht, um die Flughafenanrainer und das Klima zu schützen«. Die Grünen hatten gerade im Frankfurter Raum in den 1980er Jahren im Zuge des Protestes gegen den Flughafenausbau an Gewicht gewonnen.

Schwere Vorwürfe gehen an die Adresse von Priska Hinz, der grünen Landesumweltministerin. Sie habe über das Hessische Landesamt für Naturschutz die Bevölkerung »vorsätzlich über die Ultrafeinstaubbelastung und die damit verbundenen Gesundheitsgefahren getäuscht«. Um den Bau eines dritten Terminals am südlichen Airportgelände zu rechtfertigen, locke man Billigflieger nach Frankfurt/Main und lasse Landungen nach 23 Uhr zu. »Damit wird das mühsam erkämpfte und dennoch viel zu kurze ›Nachtflugverbot‹ faktisch auf fünf Stunden verkürzt«, heißt es im Demonstrationsaufruf.

Die LINKE, die als einzige Landtagspartei nicht kritisiert wird, demonstriert am 21. Oktober mit. Mit der Losung »Gute Nacht statt Fluglärm« tritt die Partei für ein striktes achtstündiges Nachtflugverbot ein und lehnt weitere Abholzungen für den Bau eines Autobahnzubringers zum neuen Terminal ab. Auch die von Landesverkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) unterstützten finanziellen Zugeständnisse, die der teilprivatisierte Flughafenbetreiber Fraport gegenüber den Billigfliegern macht, werden als »Ausrollen eines roten Teppichs für Ryanair und Co.« kritisiert.

Unterdessen bemüht sich die SPD, die den Flughafenausbau unterstützt, in einer Detailfrage um ein ökologisches Image. So preschten jüngst die hauptamtlichen Frankfurter Dezernenten Mike Josef und Klaus Oesterling mit der Forderung vor, am Terminal 3 einen zusätzlichen S-Bahnhof auf Kosten von Fraport bauen zu lassen. Nur so lasse sich der Verkehrskollaps verhindern, erklärten die SPD-Politiker. Hintergrund ist, dass sich am Airport die überlasteten Autobahnen A3 und A5 kreuzen und ein neuer S-Bahn-Haltepunkt das Straßennetz deutlich entlasten könne - Schätzungen zufolge um jährlich 22 Millionen Pkw-Kilometer. Zuvor hatte bereits der Anrainerlandkreis Groß-Gerau den S-Bahnhof gefordert.

Auch Hessens Verkehrsministerium sympathisiert offenbar mit dem Vorstoß, der bei genauerer Betrachtung jedoch wie ein hilfloser Versuch wirkt, Versäumnisse der Vergangenheit halbwegs auszugleichen. »Frankfurt hätte den S-Bahnanschluss zur Auflage machen müssen«, erklärt denn auch Christiane Böhm (LINKE), Mitglied im Groß- Gerauer Kreistag. Doch im zurückliegenden Genehmigungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Kassel habe die Stadt jedoch argumentiert, dass genau dies nicht notwendig sei.

Das Fraport-Management hält den S-Bahn-Anschluss für überflüssig, weil Terminal 3 künftig über neue Straßen mit Pkw, Bus und Taxi gut erreichbar sei und andere Terminals mit eigenen »Personen-Transport-Systemen« angebunden würden. Brisant dabei ist die Tatsache, dass die Stadt Frankfurt am Main und das Land Hessen die Mehrheit der Fraport-Anteile halten, während gleichzeitig das auf Rendite orientierte Fraport-Management unter dem Druck privater Aktionäre offensichtlich seine eigene Linie durchzieht.

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