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Freund, Feind, Parteifreund
Der CSU-Landtagswahlkampf wird vom Dauerkonflikt zwischen Horst Seehofer und Markus Söder überschattet
Zum Schluss also auch noch die Frauen. Sie gingen dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder verloren, hieß es in der letzten Woche vor der Landtagswahl. Dabei waren gerade sie bislang eine Bastion für die CSU, die noch bei den Wahlen 2013 mehr als die Männer für die Staatspartei im Freistaat votierten.
Nun mag das bei der in der CSU besonders ausgeprägten maskulinen Sicht auf die Dinge, mit der in all den Regierungsjahrzehnten fast nur Männer auf Spitzenpositionen gehievt wurden, an sich kein besonders alarmierendes Signal sein - kann aber angesichts des sich immer mehr abzeichnenden Absturzes am Sonntag dennoch der berühmte Tropfen auf den heißen Stein werden.
Aber das kommt nicht von Ungefähr und ist Teil jenes selbst verschuldeten Elends, dem die Strauß-Nachfahren entgegensteuern. Die jahrelangen Ränkespiele der sogenannten Alphatiere - Bundesinnenminister und Parteichef Horst Seehofer und Söder - stoßen freilich nicht nur, aber auch und besonders die weiblichen CSU-Anhänger ab. Vor allem, weil das ewige Gerangel um die Frage, wer der größte Zampano im weiß-blauen Vorzeigeland ist, inzwischen längst ein Fall für Therapeuten geworden zu sein scheint. Und lange vor der Inthronisation Söders in der Bayerischen Staatskanzlei als Nachfolger Seehofers im März 2018 begann.
Erst vom 69-jährigen Seehofer als Erbe ausgeguckt, später beargwöhnt, belächelt und gedemütigt, hat der 51-jährige Söder lange mit den Füßen gescharrt, sich viel zu laut auf Schleimspuren vorwärts gekämpft und als Generalsekretär, Europa-, Umwelt-, Finanz- und Heimatminister gedient. Und doch musste er neben Dank und Anerkennung aus dem Munde seines immer unwilliger werdenden Ziehvaters öffentliche Kritik an charakterlichen Schwächen vernehmen.
Er sei von Ehrgeiz zerfressen und habe einen Hang zu Schmutzeleien, urteilte Seehofer im Jahr 2012 auf einer CSU-Weihnachtsfeier. Hinter vorgehaltener Hand wussten Insider davon zu berichten, dass der Beginn der Abneigung Seehofers gegenüber Söder auf 2007 zu datieren sei, da der Ingolstädter die gezielte Indiskretion gegenüber der »Bild«-Zeitung über seine Affäre in der Hauptstadt im Söder-Lager vermutete.
Das mit dem unehelichen Kind haben dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten freilich vor allem die weiblichen Anhänger der Regierungspartei übel genommen. Aber spätestens mit der Rückeroberung der absoluten Mehrheit für die CSU im Maximilianeum 2013 war das längst vergessen. Weniger allerdings, wie der Landesvater und Parteichef mit Ilse Aigner eine Frau gegen seinen Rivalen Söder in Stellung brachte, um den Strauß-Verehrer und Stoiber-Fan in Schach zu halten.
Die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin und heutige Ressortchefin für Wohnen, Bau und Verkehr in Bayern hatte jedoch irgendwann keine Lust mehr auf die Kronprinzessinnenrolle, weil sie erklärtermaßen »Machtspiele nur der Macht wegen« ablehnt. Mit dem Effekt, dass Seehofer und Söder wieder ganz ungestört von weiblichem Pragmatismus, Vorsicht und Emotionen ihr bajuwarisches Armdrücken ausleben konnten.
Seit' an Seit' kämpften sie eigentlich nur im Sommer, als es gegen Kanzlerin Merkel ging und die Union dicht am Zerbrechen vorbei schrammte. Da war übrigens auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt noch kräftig dabei, der sich inzwischen dünne gemacht hat, weil er vermutlich nicht mit den beiden verbissenen Rivalen in den politischen Untergang gerissen werden will.
Bei Söders suboptimalen ersten Schritten als Regierungschef, zu denen ihm sein Vorgänger nicht ohne Vorbedacht ohnehin nur ein halbes Jahr gelassen hat, weil er erst in Berlin mit der Großen Koalition und seiner Zukunft als Bundesinnenminister beschäftigt war, waren die führenden CSU-Mannsbilder sowieso noch alle an Bord: bei seinem »Kreuz-Zug« durch die Institutionen, beim neuen Polizeiaufgabengesetz oder bei Söders Ausfällen wegen vermeintlichen »Asyltourismus«.
Erst nach der beeindruckenden »Ausgehetzt«-Demo in München, den lautstarken Protesten gegen die zunehmende Wohnungsnot im reichsten aller Bundesländer und der »Bavaria One«-Peinlichkeit schlugen sich viele von ihnen, auch solche, die Seehofer längst nicht mehr ernst nehmen konnten, in die Büsche. Es kommt nicht gut, an der Seite des unbeliebtesten Ministerpräsidenten in Deutschland gesehen zu werden.
Freilich weiß auch Horst Seehofer - insbesondere nach den von ihm wenig gnädig begleiteten Abgängen zweier seiner Vorgänger in der Staatskanzlei -, dass man in Bayern mit Verlierern nicht freundlich umzugehen pflegt. Aber als Parteichef kann er jetzt nicht kneifen und muss, wenn auch mit der geballten Faust in der Tasche, für den Sieg der CSU werben. Doch dieser gilt längst nicht als ausgemacht - selbst wenn die Christsozialen in den letzten Stunden ob der permanent schlechten Umfrageergebnisse an der einen oder anderen Stelle einen Mitleidsbonus geltend machen können.
Weshalb der amtierende Ministerpräsident schon mal vorab ausschließlich das Gezänk in der Großen Koalition in Berlin für den Verlust der absoluten Mehrheit verantwortlich macht und Seehofer die Verantwortung in Münchens Regierungszentrale sieht. Söder will das gerade erworbene Amt nicht verlieren, Seehofer nicht auch noch aus der CSU-Zentrale gejagt werden, woran nach Gerüchten schon seit Tagen von seinen lieben Parteifreunden gebastelt werden soll.
Da muss man den Unmut wiederum einer Frau verstehen, die derlei Taktieren im ganz persönlichen Interesse einfach satt hat. Landtagspräsidentin Barbara Stamm soll sich Anfang Oktober aufgeregt haben, als Seehofer vorzeitig die Parteivorstandssitzung der CSU verließ, um Richtung Berlin zu entfleuchen. Sie sei fassungslos und habe noch niemals erlebt, dass es einem im Landtagswahlkampf so schwer gemacht werde wie jetzt, wird die CSU-Politikerin zitiert. Und damit dürfte die erfahrene und mütterlich-couragierte Frau mancher bayerischen Wählerin ihrer Partei aus dem Herzen gesprochen haben.
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