»Feuer aus«

Der von der Bundeswehr ausgelöste Großbrand im Emsland ist gelöscht. Viele Fragen bleiben

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Luftaufnahmen zeigen pechschwarze, große Flächen des Areals, auf dem seit dem 3. September bei Meppen im Emsland, einer Region im nordwestlichen Niedersachsen, ein ausgedehnter Brand gewütet hatte. Er ist gelöscht, hieß es am Mittwoch von der Bundeswehr. Ausgelöst hatten das Feuer Raketen aus dem Bestand der Truppe, die trotz extremer Trockenheit aus einem Hubschrauber über dem Moor im Bereich der »Wehrtechnischen Dienststelle 91« testweise abgeschossen worden waren. Das Feuer drang in den Boden und schwelte in ihm bis in etwa 40 Zentimeter Tiefe, wie Messungen ergaben. Nach Untersuchungen aus Tornado-Flugzeugen meldete die Bundeswehr nun: Die Löscharbeiten waren erfolgreich, es brenne nicht mehr, Glutnester seien nicht mehr aufgespürt worden.

Als diese Nachricht kam, war der Katastrophenalarm in der betroffenen Gegend bereits aufgehoben worden: schon seit dem 27. September. Ausgelöst hatte ihn der Landkreis Emsland sechs Tage zuvor, weil die Möglichkeit bestand, dass die Gemeinde Stavern evakuiert werden muss. Rund 1000 Menschen leben dort. Sie waren in Rundfunkdurchsagen aufgefordert worden, Türen und Fenster wegen der starken Rauchentwicklung geschlossen zu halten und sollten sich darauf vorbereiten, schlimmstenfalls ihre Häuser verlassen zu müssen. So nah war das Feuer an die Ortschaft herangerückt.

Nicht nur dort sind beachtliche Schäden entstanden, sowohl durch das Feuer selbst als auch infolge der Löscharbeiten, an denen zeitweise bis zu 1600 Einsatzkräfte beteiligt waren. Für all das »kommen wir selbstverständlich auf«, versprach Regierungsdirektor Stephan Schuster-Oppenheim vom Umweltamt der Bundeswehr am Mittwoch während einer Pressekonferenz. Bislang seien rund 60 Anträge auf Schadensregulierung eingegangen, zum Beispiel von Zimmervermietern, deren Urlaubsgäste wegen des Feuers ihre Reise abgesagt hatten. Nach wie vor werden Schadensmeldungen angenommen.

Welche ökologischen Folgen das Feuer hat und wie damit umgegangen werden soll, werde derzeit noch untersucht, so eine Antwort von Staatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) aus dem Verteidigungsministerium im Bundestag. Dort war der Brand - ebenfalls am Mittwoch - Thema im Rahmen einer Fragestunde. Unter anderem wollten Abgeordnete der Grünen wissen, warum Schadstoffmessungen im Brandbereich erst 15 Tage nach Ausbruch des Feuers vorgenommen wurden.

Auch diese Frage sei Gegenstand der vom Ministerium veranlassten Untersuchungen, sagte Silberhorn. An den Tagen der höchsten Brandintensität und stärksten Rauchentwicklung seien die Messungen erfolgt, und sie hätten ergeben, dass keine akute Gefährdung für die eingesetzten Kräfte - Soldaten sowie viele Ehrenamtliche von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk - bestehe. Ähnlich geäußert, so Silberhorn sinngemäß, habe sich auch der Landkreis mit Blick auf die Bevölkerung.

Diese war zeitweise durch die Nachricht beunruhigt worden, auf dem Gelände sei in der Vergangenheit auch radioaktive Munition verschossen worden. Das aber treffe nicht zu, bekräftigte der Staatssekretär jetzt im Parlament. Richtig sei, dass von 1976 bis 1979 hundert Schuss uranhaltige Munition auf dem Areal gelagert, aber nicht abgefeuert worden sei. Ebenfalls nur gelagert worden seien von 1991 bis 1996 elf Gefechtsköpfe des Luft-Luft-Flugkörpers »AA 8« der Nationalen Volksarmee der DDR.

Näheres zu diesen NVA-Waffen erläuterte Silberhorn nicht. Dem Vernehmen nach sollen sie Quecksilber enthalten haben. Dieses aber sei auf der Brandfläche nicht nachgewiesen worden. Und das gelte auch für das Schwermetall Wolfram, so der Staatssekretär. Munition mit dieser krebserregenden Substanz war vor Jahren auf dem Testgelände verschossen worden.

Es wird weiter kontrolliert und beobachtet. Rund 160 Einsatzkräfte sind noch vor Ort, Drohnen starten nach wie vor zu Aufklärungsflügen über dem Waffentest-Terrain. Und es werden wohl noch so manche Fragen von der Bevölkerung und auf politischer Ebene gestellt werden zum Brandgeschehen im Emsland. Weshalb die Kommunikation zwischen Bundeswehr und zivilen Stellen anfangs seitens der Militärs so schwerfällig war, wird beispielsweise geklärt werden müssen. Und auch, weshalb die Bundeswehr in den ersten Brandtagen mit Informationen nach außen äußerst zurückhaltend war und erst verhältnismäßig spät um Unterstützung durch zivile Kräfte nachsuchte.

Über all dem steht die größte Frage: Wie konnte es zugelassen werden, dass trotz extremer Trockenheit an den heißen Sommertagen ein wahrhaft brandgefährlicher Raketentest über einem Moorgelände vorgenommen wird? Und das, obwohl ein Löschfahrzeug ausgefallen und ein anderes in der Werkstatt war. Brandvorsorge auf dem Testgelände bei künftigen Erprobungen dürfte eines der Moorbrand-Themen sein, mit denen sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages demnächst befasst.

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