»Honduras ist ein Narcostaat«

Der Drogenhandel in dem mittelamerikanischen Staat genießt Protektion bis in allerhöchste Kreise

  • Kathrin Zeiske
  • Lesedauer: 3 Min.

Devis Rivera hat 78 Menschen ermordet und mit seinem Bruder ein Imperium geschaffen. Der Drogenzar der »Cachiros« aus dem Departamento Olancho, dem »Wilden Westen« von Honduras, hielt die Fäden in der Hand zwischen den südamerikanischen Anbauländern und mexikanischen Drogenkartellen. 80 Prozent des Kokains werden über Honduras auf den Hauptabsatzmarkt der USA gebracht. Doch die US-amerikanische Antidrogenbehörde DEA ließ Konten und Güter von Rivera konfiszieren - sogar einen ominösen Privatzoo. Dieser ließ sich auf einen Deal ein: Für die Kürzung seiner Haftzeit und Sicherheit für seine Familie packte er aus - und überraschte selbst die DEA mit seinen Informationen.

Ex-Präsident Pepe Lobo von der Nationalen Partei hatte ihm niemand anderen als seinen Sohn Fabio, einen Jugendrichter, an die Seite gestellt, um den Drogenhandel durch das mittelamerikanische Land zu managen. Aus Angst vor einer Auslieferung in die USA hatten die Brüder Rivera Lobo Sen. sowohl vor seiner Wahl als auch danach ein beachtliches Geldgeschenk gemacht.

Ein mexikanischer Drogenboss, der in ein Zeugenschutzprogramm der USA eingetreten ist, aktualisierte die Ausführungen seines honduranischen Partners. Auch mit dem amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández gebe es, vermittelt durch Fabio Lobo, eine gute Zusammenarbeit, die über dessen Sicherheitsminister, den Ex-General Julián Pacheco abgewickelt werde. Juan Orlando Hernández, genannt »JOH«, wurde zwar in den USA vorgeladen, bleibt aber weiter im Amt.

»Honduras ist ein Narcostaat«, so Pater Ismael »Melo« Moreno, einer der bekanntesten Kritiker des Landes seit dem Staatsstreich im Jahr 2009. »Das fragile politische System wird von Politikern und Militärs beherrscht, die nichts anderes im Sinn haben, als ihre eigenen Taschen zu füllen.« Sie wagten dafür den Spagat, sowohl dem organisierten Verbrechen wie auch den USA zu dienen. Beide kämpften um die Kontrolle im Land. »Das Schlimme ist, dass auch das Justizsystem korrumpiert ist. Die Straflosigkeit ist absolut, und das bekommt die Bevölkerung ebenso dramatisch zu spüren wie wir, die wir angesichts von Menschenrechtsverletzungen nicht schweigen.«

Juan Orlando Hernández kam durch verfassungswidrige Wahlen und einen offensichtlichen Wahlbetrug im November 2017 erneut an die Macht. Seine Nationale Partei (PN) hat seit dem Putsch gegen den linken Präsidenten Mel Zelaya 2009 systematisch die demokratischen Institutionen unterwandert und auf Parteilinie gebracht. Die Regierung Trump erkannte JOH als Präsidenten an, als Honduras im Gegenzug Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannte. Sie unterstützt den Autokraten, solange dieser US-Interessen in Honduras durchsetzt.

»Es geht dabei nicht um die Eindämmung des Drogenhandels, sondern die Kontrolle über Mittelamerika«, so Pater Melo. Denn Verfügbarkeit und Konsum von Kokain haben in den USA einen neuen Höchststand erreicht. »Währenddessen ertragen wir eine unheilige Allianz von Militarisierung, Extraktivismus, Drogenhandel und Straflosigkeit.« Geldwäsche funktioniert über honduranische Banken wie die des Familienimperiums Rosenthal mit der Finanzierung von Bergbau-, Energie-, Infrastruktur- und Tourismusprojekten.

Indigene und Bauernbewegungen, die gegen diese protestieren, werden von US-finanzierten Polizeispezialeinheiten wie den Tigres brutal zurückgeschlagen; Menschenrechts- und Umweltaktivisten von Söldnern und Auftragsmördern der Kartelle eingeschüchtert und umgebracht. Wie Berta Cáceres, die renommierte Aktivistin, die am 3. März 2016 ermordet wurde, weil sie dem Protest gegen ein international finanziertes Staudammprojekt voranstand. Gerade geht das Gerichtsverfahren gegen ihre Mörder in eine neue Runde, während sich die Hintermänner des Verbrechens weiter auf freiem Fuß befinden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.