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Polizeigewalt ohne Konsequenzen
Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein / Beamte hatten eine Demonstrantin mit Pfefferspray eingesprüht
Mit weiß-pinken Turnschuhen, knallroter Stretchhose und blauem T-Shirt stand die Künstlerin Fiona O. während der G20-Proteste Juli 2017 in Hamburg alleine auf einem Räumpanzer. Beamte der hessischen Bereitschaftspolizei reagierten darauf völlig überzogen und sprühten die junge Frau mit Pfefferspray ein. Konsequenzen für das überzogene Handeln der Beamten gibt es: keine. Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der hamburgischen Bürgerschaft, sieht sich in dem Eindruck bestärkt, dass die Staatsanwaltschaft mit unterschiedlichem Maß misst.
Auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau (FR) berichtet die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft Nana Frombach, dass drei Anzeigen vorgelegen hätten und drei Staatsanwälte unabhängig voneinander ermittelten. Die Verfahren wurden »eingestellt, weil das Handeln der Polizeibeamten rechtmäßig war«, teilte die Staatsanwaltschaft der FR mit. Die Verfahren waren bereits im März und April eingestellt worden, aber bisher nicht öffentlich bekannt.
Im Fall von Fiona O., der öffentlich auf Videos und Bildern festgehalten worden war, ist es für Schneider »schwer zu fassen«, dass alle mit dem Fall befassten Staatsanwälte zu dem Schluss kamen, dass die Beamten sich korrekt verhalten hätten. Ohne Not, wird die Betroffene mit dem Kampfmittel »Pfefferspray« durch die Beamten besprüht.
Ein Video, das von einem Balkon in der Straße aufgenommen worden ist, in der der Vorfall geschah, zeigt, dass Fiona O. alleine auf das Fahrzeug klettert. Trotz der schlechten Bildqualität ist sie gut an ihrer Kleidung zu erkennen. Sie verweilt erst auf der Motorhaube, bevor sie auf das Dach klettert. Die Beamten, die herankommen, um Demonstranten weiter unten in der Straße zurückdrängen, besprühen die Künstlerin eher im »Vorbeilaufen« mit Pfefferspray.
Aus einer kleinen Anfrage der Hamburger LINKEN geht hervor, dass bis März 2018 gegen 118 Polizeibeamte von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet worden waren. Daraus resultierten weder Anklagen noch Strafbefehle. Schneider sagt gegenüber »nd«: »Das Problem ist komplex. Zum einen trauen sich Betroffene gar nicht erst Anzeige zu erstatten. Zum anderen ist die Staatsanwaltschaft von der Zusammenarbeit mit der Polizei abhängig. Diese tut sich daher schwer Verfahren gegen Polizisten zu eröffnen.«
Ein Teil der Lösung könne sicherlich eine von der Polizei gänzlich unabhängige Beschwerdestelle mit Ermittlungsbefugnissen sein, so Schneider weiter. Eine solche wird von der rot-rot-grünen Koalition in Berlin in Kürze installiert werden.
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