Ungarn macht Obdachlose zu Kriminellen

Erstmals Wohnungsloser wegen neuen Gesetzes vor Gericht

  • Lesedauer: 2 Min.

Gödöllö. Zum ersten Mal seit Inkrafttreten eines verschärften Gesetzes gegen das Leben auf der Straße ist in Ungarn ein Obdachloser vor Gericht gestellt worden. Polizisten hatten den wohnungslosen Mann auf einer Parkbank in der Kleinstadt Gödöllö bei Budapest festgenommen, berichtete das Nachrichtenportal »444.hu«.

Gegen den in Handschellen vorgeführten Obdachlosen sprach das Kreisgericht in Gödöllö am Mittwoch eine Verwarnung aus. In Ungarn gilt seit Montag ein neues Gesetz, das Obdachlosigkeit kriminalisiert. Demnach werden Obdachlose, die die Polizei im öffentlichen Raum antrifft, zunächst verwarnt. Nach drei Verwarnungen innerhalb von 90 Tagen eröffnet die Behörde ein Ordnungsstrafverfahren. Dieses kann mit einer Verurteilung zu gemeinnütziger Arbeit oder mit einer Haftstrafe enden.

Lesen sie auch: Für das größere Wohl. Felix Jaitner über Ungarns Gesetz gegen Obdachlose

Bei dem Fall in Gödöllö war unklar, ob die Polizisten den Obdachlosen tatsächlich drei Mal verwarnt hatten, bevor sie ihn festnahmen, sagte der Pflichtverteidiger des Betroffenen dem Portal »444.hu«. Zivile Vereine, die Obdachlosen helfen, kritisieren das neue Gesetz als unmenschlich.

Die Regierung des rechts-nationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban wolle damit lediglich erreichen, dass die Folgen der Armut und einer unsozialen Wohnungspolitik aus dem Stadtbild verschwinden, argumentieren sie. dpa/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.