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Die Robocops kommen
Mit der Novellierung des Berliner Polizeigesetzes wird auch eine Rechtsgrundlage für den Einsatz von Bodycams bei Polizei und Feuerwehr gelegt
Bislang benutzen in Berlin nur Bundespolizisten sogenannte Bodycams. So heißen die kleinen Kameras, die fest auf der Schulter der Beamten verankert sind. Im Bedarfsfall, etwa wenn ein Einsatz aus dem Ruder läuft und eskaliert, können sie eingeschaltet werden. Körperkameras erhöhen effektiv den Schutz von Polizisten vor Gewalt, behauptet die Gewerkschaft der Polizei. Das hätten unter anderem Tests gezeigt.
Doch was bislang nur an Bahnhöfen in der Hauptstadt zu sehen war, für die die Bundespolizei zuständig ist, wird bald stadtweit zu sehen sein. Denn der Einsatz von Bodycams wird für eine zweijährige Probephase ausgeweitet. »Wir haben vor, damit sämtliche Polizisten, die infrage kommen, auszustatten - Gleiches gilt für die Feuerwehr«, sagt der Pressesprecher von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) dem »nd«. Dass die Feuerwehr miteinbezogen werden soll, hängt damit zusammen, dass die Feuerwehrleute zu Silvester häufig attackiert wurden, unter anderem mit Feuerwerkskörpern.
Die Durchführung eines Polizei-Probetriebs mit Bodycams stand bereits im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. »Zur Erhöhung ihrer Sicherheit und der Sicherheit der Bürger*innen soll der Einsatz von Bodycams in einem zweijährigen Probelauf getestet und unabhängig wissenschaftlich evaluiert werden«, heißt es dort. Und: Es sei sicherzustellen, dass der oder die Polizeibeauftragte jederzeit Zugriff auf die gespeicherten Daten nehmen kann. Die Einführung eines solchen unabhängigen Polizeibeauftragten ist in dem Mitte-links-Bündnis zwar im Prinzip beschlossene Sache, aber bis die unabhängige Behörde ihre Arbeit aufnimmt, kann es bis Ende dieses Jahres dauern. Zudem ist unklar, wann genau die ersten Polizisten und Feuerwehrleute in der Hauptstadt mit Kameras ausgestattet werden. »Details zur Speicherdauer und der Regelung der Datenzugriffe stehen noch nicht fest«, sagt Geisels Sprecher. Das liegt daran, dass zunächst das Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) novelliert werden muss. So heißt in der Hauptstadt das Polizeigesetz. Derzeit sind der Innensenator und seine Verwaltung dabei, eine entsprechende Vorlage für das Abgeordnetenhaus zu erarbeiten. Bis Weihnachten soll der Entwurf eingebracht werden. Danach folgt die parlamentarische Beratung. Wenn alles umgesetzt wird, könnte das neue Polizeigesetz bis zur Sommerpause 2019 verabschiedet werden.
Wie sich die SPD das neue Polizeigesetz vorstellt, haben die Innenexperten der Sozialdemokraten unlängst ihren Koalitionspartnern von der Linkspartei und den Grünen dargelegt. Zwar erklären Innensenator Geisel und seine Parteifreunde gerne, dass Innenpolitik »ein zutiefst linkes Thema« sei, aber der SPD-Forderungskatalog liest sich eher wie von der CDU abgekupfert: Er beinhaltet die Einführung eines finalen Rettungsschusses und der elektronischen Fußfessel sowie die Einführung von neuen Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung.
»Rote Linien sind für uns die Einführung der Fußfessel und des finalen Rettungsschusses«, sagt der Innenexperte der Linksfraktion, Hakan Taş. Als unproblematisch sieht er dagegen die Neuerungen für das ASOG an, die bereits im Koalitionsvertrag stehen - also auch die Erprobung der Bodycams.
Diesen unterstützen auch die Grünen. »Es muss aber gewährleistet sein, dass der Schutz der Privat- und Intimsphäre gewährleistet ist«, sagt Benedikt Lux, der innenpolitische Sprecher der Grünenfraktion. Soll heißen: Die Polizisten dürfen keine Aufnahmen in Wohnungen machen. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der oder die Beamte oder Beamtin die Videoaufnahmen nicht selbstständig löschen kann, so Lux.
Proteste wie in anderen Bundesländern sind in Berlin gegen das Polizeigesetz bislang nicht geplant. Die Einführung der »Robocops« mit Kameras, wie sie bei Kritikern geschmäht werden, steht dennoch bei Gruppen wie dem Verein »Aktion Freiheit statt Angst« in der Kritik. Dort werden die neuen Körperkameras durchaus mit Argwohn gesehen. »Das ist eine zweischneidige Sache, da es die Polizei bei der Arbeit kontrolliert und nicht nur eine Ausweitung der Videoüberwachung ist«, sagt Sprecher Rainer Hammerschmidt. Auf jeden Fall sollten Betroffene von juristischen Auseinandersetzungen mit der Polizei ebenfalls als Beweismittel auf die Bilder zugreifen können. »Die neuen Kameras dürfen nicht nur der Polizei, sondern sie müssen zur Rechtsfindung dienen«, sagt Hammerschmidt.
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