- Sport
- Wolfsburg gegen Bayern
Wutausbruch mit Wirkung
Nach der legendären Pressekonferenz kommt der FC Bayern mal wieder zu einem Sieg
Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge standen rasch auf. Die Macher des FC Bayern München klatschten nach dem 3:1-Erfolg beim VfL Wolfsburg ein paar Mal in die Hände, ehe sie in Richtung Ausgang abdrehten. Die Münchner Fans unter den 30 000 Zuschauern in der erstmals in dieser Saison ausverkauften Wolfsburger Arena skandierten »Super Bayern, super Bayern.« Die Fußballer um den Doppeltorschützen Robert Lewandowski und den einmal erfolgreichen Kolumbianer James ließen sich vor dem Gästeblock feiern. Auch Nationalspieler Thomas Müller reihte sich in die Jubelschar ein, obwohl er 90 Minuten auf der Bank gesessen hatte.
Doch mitnichten war und ist alles so wie immer beim deutschen Rekordmeister. Zum einen gab es nach vier sieglosen Pflichtspielen den ersten Dreier. Der letzte Sieg, ein 2:0 bei Schalke 04, lag einen Monat zurück. Zum anderen wurde natürlich auch in Wolfsburg rege über die jetzt schon legendäre und phasenweise peinliche Pressekonferenz diskutiert, auf der der FC Bayern am Freitag zum großen Rundumschlag gegen Medien und Fußballexperten ausgeholt hatte.
Trotz der sportlich nicht wegzudiskutierenden Krise unter Trainer Niko Kovac sah sich Deutschlands Vorzeigeverein auf breiter Ebene ungerecht behandelt. Auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz hatten Hoeneß, Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic schwere Geschütze aufgefahren. Das Führungstrio sah sich spätestens nach der Kritik an seinen Nationalspielern Manuel Neuer, Jerome Boateng und Mats Hummels nach der 0:3-Niederlage der DFB-Elf in den Niederlanden dazu veranlasst, offiziell auf die Verbalpauke zu hauen. Rummenigge kam dabei sogar mit der Verfassung und Artikel 1 des Grundgesetzes um die Ecke. »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ich weiß nicht, ob der Fußball eine Sonderrolle einnimmt?«, fragte Rummenigge in die irritierte Medienrunde. »Oder ob sich gewisse Medien für den Fußball eine eigene Gesetzgebung erlauben. Wir werden das bei Bayern München nicht mehr akzeptieren.«
Der Klub drohte einigen Medienhäusern mit Gegendarstellungen, wenn die Berichterstattung herabwürdigend und respektlos sei. Für sich selbst legte Hoeneß in letzter Zeit diesbezüglich allerdings keine hohen Maßstäbe an. Über Ex-Nationalspieler Mesut Özil hatte er im Sommer gesagt, dass er Dreck gespielt habe. Das grobe Foul des Leverkuseners Karim Bellarabi gegen den Bayern-Spieler Rafinha hatte Hoeneß als »geisteskrank« bezeichnet. »Manchmal, das gebe ich auch zu, ist man unmittelbar nach dem Spiel emotional aufgeregt«, räumte Hoeneß immerhin ein.
Das Medienecho fiel gewaltig aus. Gut kamen die Münchner nicht weg. »Die Bayern fordern, was sie selbst nicht einhalten«, »Bayern-Attacke mit der Schrottflinte«, »FC Bayern: Arroganz, Dünnhäutigkeit und Doppel-Moral« oder »Souverän geht anders« lauteten beispielsweise die Schlagzeilen. Spott kam hinzu. Am Freitagabend leitete ZDF-Moderator Oliver Welke die Satiresendung »Heute-Show« mit den Worten ein: »Heute garantiert ohne Kritik am FC Bayern. Zu gefährlich, so viele Anwälte haben wir gar nicht.«
Münchens Trainer Kovac wollte nach dem Sieg in Wolfsburg nicht verraten, ob er vorab vom Wutausbruch der Führung wusste. »Ich bin für den Sport zuständig - für den Fußball und meine Mannschaft. Dabei will ich es belassen. Ich kann gern etwas über Taktik erzählen«, sagte er. Seine Spieler hatten zumindest eine offizielle Meinung. »Wenn jemand, der für den Verein und die Mannschaft verantwortlich ist, sich vor die Mannschaft und mich persönlich stellt, ist das für mich persönlich auch ein gutes Zeichen«, sagte stellvertretend Schlussmann Neuer. Am Dienstag im Champions-League-Spiel bei AEK Athen muss die Mannschaft zeigen, dass die Attacke von Hoeneß und Rummenigge nicht nur kurzfristig vom Sportlichen ablenken konnte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.