Verdacht auf illegale Leiharbeit bei Ryanair

Ryanair weist die Vorwürfe zurück, nun sind die deutschen Zollbehörden gefragt, die Hinweise zu prüfen

Die für Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen bekannte Billigfluglinie Ryanair beschäftigt einen Großteil seiner Flugbegleiter auf Leiharbeitsbasis möglicherweise illegal. Denn diese sind bei irischen Leiharbeitsfirmen angestellt, die in Deutschland gar keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung haben, wie die Bundesregierung auf eine Frage des LINKE-Bundestagsabgeordneten Pascal Meiser bestätigte. Eine solche Genehmigung müsste bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden.

Allein 700 der rund 1000 in Deutschland tätigen Flugbegleiter haben nach Angaben Meisers Arbeitsverträge bei dem Unternehmen Crewlink Ireland Limited mit Sitz in Dublin unterschrieben. Ein kleinerer, nicht genau bezifferbarer Anteil entfalle auf Workforce International Contractors Limited. Sollte sich der Verdacht der illegalen Arbeitnehmerüberlassung bestätigen, »muss dies umgehend unterbunden werden«, forderte Meiser. Nach seiner Auffassung würden dann sämtliche Leiharbeitsverhältnisse automatisch auf Ryanair übergehen.

Auch aus den Bundesländern nimmt der Druck auf die Billigfluglinie zu. So forderte die Berliner Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (LINKE) den Airline-Chef Michael O'Leary in einem Brief auf, die neuen Vorwürfe aufzuklären. Als Arbeitssenatorin stehe sie in der Pflicht, die Rechte der in Berlin arbeitenden Menschen zu schützen, hieß es in dem Schreiben.

Die Fluggesellschaft wies die Vorwürfe am Donnerstag als »unwahr« zurück. Ryanair und seine Dienstleister agierten vollständig nach EU-Recht, erklärte Kommunikationschef Robin Kiely. Überprüfen könnten das die deutschen Zollbehörden. Diese sind laut Bundesarbeitsministerium für die Aufdeckung und Verfolgung von illegaler Arbeitnehmerüberlassung zuständig und werden nun von den Ryanair-Kritikern in die Pflicht genommen.

»Die zuständigen deutschen Zollverwaltungen an den Standorten der Ryanair-Basen müssen umgehend entsprechende Prüfungen vornehmen und gegebenenfalls Ordnungsgelder verhängen«, so Meiser. Die Generalzolldirektion betont auf nd-Nachfrage, dass die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht ohne Verdacht prüfen dürfe. Ob die aktuellen Hinweise Verdacht genug sind, um Ermittlungen aufzunehmen, darüber kann sie wiederum aufgrund des Sozialdatenschutzes nichts sagen.

Die Gewerkschaft ver.di jedenfalls würde es begrüßen. Sie wünscht sich »eine zeitnahe Erhöhung der Kontrolldichte durch die staatlichen Institutionen«. Ohnehin ist ihr die Anzahl der Leiharbeitsverträge bei Ryanair viel zu hoch. Die Beschäftigungen müssten schnellstens in unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden, hieß es.

Die neuen Vorwürfe komplettieren das schwarze Bild der Billigfluglinie, deren Beschäftigte seit Monaten europaweit für bessere Arbeitsbedingungen und Mitbestimmungsrechte kämpfen. Wie viel Berechtigung ihre Forderungen haben, illustrieren einmal mehr Informationen über den einschüchternde Umgang des Unternehmens mit erkrankten Mitarbeitern. So soll es auch Krankenakten rechtswidrig anlegen, berichtete das Manager Magazin am Donnerstag.

Die LINKE sieht denn auch die Bundesregierung weiter in der Verantwortung. Sie könne Ryanair auch die Start- und Landeerlaubnis in Deutschland entziehen, sagt Meiser.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.