Elf Tote bei Anschlag auf US-Synagoge in Pittsburgh

Trump fordert als Reaktion schnellere Vollstreckung der Todesstrafe / Präsident spricht sich für bewaffnetes Sicherheitspersonal bei Gottesdiensten aus

  • Lesedauer: 4 Min.

Pittsburgh. Die Welt hat mit Bestürzung auf ein antisemitisches Hassverbrechen mit elf Toten in den USA reagiert. Staatsmänner und -frauen aus vielen Ländern der Welt verurteilten die Tat eines 46 Jahre alten Amerikaners scharf. Er hatte am Samstag in einer Synagoge der US-Stadt Pittsburgh elf Menschen erschossen und sechs weitere verletzt.

In der Synagoge hatten sich Menschen zu einer einer Namensgebungszeremonie versammelt. Die Polizei überwältigte den Täter und nahm ihn fest. Nach Angaben von US-Justizminister Jeff Sessions könnte ihm die Todesstrafe drohen. Die Bundesstaatsanwaltschaft erhob noch in der Nacht Anklage in insgesamt 29 Punkten gegen den Mann.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, UN-Generalsekretär António Guterres und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilten die Tat mit scharfen Worten. »Wir alle müssen uns dem Antisemitismus entschlossen entgegenstellen - überall«, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert im Auftrag der Kanzlerin auf Twitter. Netanjahu sagte in einer Videobotschaft: »Mein Herz ist gebrochen und ich bin angewidert von der mörderischen Attacke auf eine Synagoge in Pittsburgh«, sagte Netanjahu in einem Video-Statement.

»Das gesamte israelische Volk trauert mit den Familien der Toten«, betonte der israelische Regierungschef. In Pittsburgh und auch vor dem Weißen Haus in Washington kamen am Abend spontan Menschen zusammen und trauerten gemeinsam um die Opfer.

US-Präsident Donald Trump betonte: »Diese bösartige antisemitische Attacke ist ein Angriff gegen die Menschheit.« Das »tödliche Gift des Antisemitismus« müsse bekämpft werden, sagte er. Er forderte schnellere Todesurteile für Mörder und deren rasche Vollstreckung. »Sie sollten wirklich den ultimativen Preis zahlen«, sagte Trump am Samstag über Menschen, die Gläubige in Gotteshäusern erschießen. »Sie sollten nicht Jahre über Jahre darauf warten.« Vizepräsident Mike Pence schloss sich der umstrittenen Auffassung an.

Der Präsident sprach sich zudem für bewaffnetes Sicherheitspersonal bei Gottesdiensten aus. »Ein Verrückter ging hinein und sie hatten keinen Schutz«, sagte Trump über die Gemeindemitglieder. »Bewaffnete Posten hätten ihn sofort stoppen können.« Trump ordnete am späten Samstagabend an, die US-Flagge an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast zu setzen.

Das Social-Media-Profil des Festgenommenen lässt darauf schließen, dass er eine antisemitische und stark rechtsgerichtete Grundhaltung hatte. Er soll beim Eindringen in die Synagoge gerufen haben: »Alle Juden müssen sterben.«

Das Attentat ereignete sich am jüdischen Feiertag Sabbat, an dem viele Menschen die Synagoge aufsuchen. Kinder wurden jedoch nach offiziellen Angaben nicht verletzt. Dennoch sagte der FBI-Agent Bob Jones: »Es ist der schlimmste Tatort, den ich in 22 Jahren Berufserfahrung gesehen habe.« Die Tat wird von den Behörden als Hassverbrechen eingestuft. Der Angreifer hatte mehrere Schusswaffen bei sich. Nach ersten Erkenntnissen besaß er sie legal.

Die »Tree-of-Life«-Synagoge in Pittsburgh gilt als ein konservatives jüdisches Gotteshaus, das jedoch offen für Neuerungen sei, wie der Präsident der jüdischen Gemeinde im Großraum Pittsburgh, Jeff Finkelstein, am Ort des Geschehens sagte. Auch in anderen Gegenden der USA wurden sofort die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen erhöht.

Der Jüdische Weltkongress (WJC) zeigte sich schockiert. Bei dem Vorfall handele es sich um einen »abscheulichen Terrorakt«, sagte WJC-Präsident Ronald Lauder laut Mitteilung am Samstag in New York. »Das war ein Angriff nicht nur auf die jüdische Gemeinde, sondern auf ganz Amerika.«

Die Schüsse von Pittsburgh sind der vorläufige Höhepunkt einer Reihe antisemitischer Straftaten in den vergangenen Jahren. In Europa gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrere Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Bei einem Terroranschlag 2002 auf eine Synagoge im tunesischen Djerba wurden 21 Menschen getötet, darunter 12 Deutsche.

2012 griff ein Mann eine jüdische Schule in Toulouse an und ermordete drei Kinder und einen Lehrer. Der Angreifer starb später im Kugelhagel der Polizei. Er hatte sich selbst als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet. 2014 verübte ein Islamist einen Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel, vier Menschen kamen ums Leben. In Paris tötete ein Islamist 2015 vier Menschen in einem jüdischen Supermarkt. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.